11 000 Mark Miete im Monat: Betreiberin des Kinderkinos "Rio" gibt auf: "So langsam räumen wir schon mal aus"

WEISSENSEE Die Zukunft des einzigen Kinderkinos in Weißensee sieht schwarz aus. Der jetzige Besitzer des Grundstücks an der Prenzlauer Promenade verlangt 11 000 Mark Miete im Monat. Zuviel für die Betreiberin des "Rio".Als Jutta Miels zu DDR-Zeiten die Leitung des Kinos übernahm, war sie Angestellte der Bezirksfilmdirektion, die das Haus von einer privaten Erbengemeinschaft gemietet hatte: für 503 Mark im Monat und ausgestattet mit einem unbegrenzten Mietvertrag. Diese günstigen Bedingungen änderten sich mit dem Mauerfall schlagartig. Versuche, sich mit anderen Ostberliner Kinos zusammenzuschließen, um auf dem hart umkämpften Kinomarkt bestehen zu können, scheiterten. Also stellte sich Jutta Miels der neuen Situation und betrieb das Kinderkino schließlich als selbständige Unternehmerin.Schwierigkeiten gab es viele. Es fehlte das Geld für notwendige Investitionen, um das Kino attraktiver und dadurch konkurrenzfähiger zu machen. Immer noch werden die Filme mit der technischen Ausrüstung von 1986 gezeigt, als das Haus seine letzte Verschönerungskur bekommen hatte. Kinoknüller wie "Independence Day" kann Jutta Miels nicht in Dolby Stereo zeigen, was vor allem erwachsene Besucher davon abschreckt, ins Rio zu gehen.Der Ausbau eines zweiten Kinosaals blieb bis zum Schluß nur ein Wunschtraum. Und mit den Preisen, die Jutta Miels ihren jungen Hauptkunden abverlangt, ist nicht das große Geld zu verdienen. "Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen hat mir immer viel Spaß gemacht und für viele ist das Rio schon so etwas wie eine Institution gewesen", erzählt Jutta Miels.Ein ständiger Wechsel der Eigentümer des Grundstücks, auf dem der 600 Quadratmeter große Flachbau steht, erschwerte die Arbeit zusätzlich. Am 1. Dezember 1995 fand die erste Zwangsversteigerung statt, da der damalige Kölner Investor pleite ging. Dabei hatte er sogar Pläne für einen Neubau des Kinos in der Tasche gehabt. Aber daraus wurde nichts. Statt dessen sandte die Gläubigerbank des Investors einen Gutachter, der den Verkehrswert des gesamten Grundstücks auf 4,8 Millionen Mark schätzte. Seit dem 17. Januar befindet sich das Rio nun im Besitz einer Berliner Hausverwaltung. Die monatliche Miete stieg von 4 400 auf 11 000 Mark. Das übersteigt Jutta Miels' Budget. "Ich war froh, wenn ich die 4 400 Mark im Monat zusammenbekommen habe", sagt sie.Der Eigentümer des Grundstücks will sich nicht dazu äußern, ob er das Rio erhalten möchte. Auch zu möglichen Bebauungsplänen gebe es noch keine Vorstellungen, sagte seine Sekretärin. Vom Bezirksamt kann Jutta Miels keine Unterstützung erwarten. "Wir können leider keine Hilfe anbieten", bedauert Jugendstadträtin Christine Keil (PDS). Aufgrund der knappen Haushaltsmittel würde sich der Bezirk auf die benachbarte Brotfabrik als Kulturstandort konzentrieren. Dort wird am 1. Mai ein zweiter Kinosaal mit 90 Plätzen eingeweiht. Sollte das "Rio" mit der Aufgabe von Jutta Miels endgültig schließen, bleiben als Kino-Alternative nur die Brotfabrik und das erst vor einigen Wochen wiedereröffnete Toni am Antonplatz.Jutta Miels will so lange weitermachen, bis ein neuer Mieter gefunden ist. Wann das sein wird, ist ungewiß. "Aber so langsam räumen wir schon mal aus."Anja Karrasch +++