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Am Dienstag dieser Woche ist Selami Yilan auf dem Standesamt Wedding festgenommen worden, als er mit seiner künftigen Ehefrau Irmtraud Nobiling das Aufgebot bestellen wollte. Seitdem sitzt Yilan in der Abschiebehaftanstalt Köpenick. Ihm wird vorgeworfen, illegal in Berlin zu leben. "Die Zustände im Gefängnis sind katastrophal", sagt Irmtraud Nobiling. Vor allem fürchtet die Mutter von drei Kindern, daß der 29jährige, seit vier Jahren in Berlin, in die Türkei abgeschoben wird. Nach Auffassung des Anwalts Peter Meyer hat der Standesbeamte, der die Polizei gerufen hat, seine Kompetenz überschritten. Dem Familienrecht zufolge dürfe der Beamte zwar bei Verdacht von "Scheinehen" seine Mitwirkung verweigern, nicht aber die Polizei informieren. Der Standesbeamte hatte Ende November schriftlich mitgeteilt, daß das Paar die Eheschließung "ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung" beantragen könne. Eine Antragsprüfung sei nur direkt in der Behörde möglich. Am Festnahmetag heißt es in einem Irmtraud Nobiling übergebenen Brief dagegen: " Ich muß davon ausgehen, daß die Ehe nur geschlossen werden soll, um dem Verlobten zu einer Aufenthaltsgenehmigung zu verhelfen." Für Yilan sei eine Ende September abgelaufene Aufenthaltsgenehmigung trotz Zusagen nicht verlängert worden, so Irmtraud Nobiling. Zudem, sagt der Anwalt, gebe es eine "Arbeitshilfe" der Ausländerbehörde, Ehen auch ohne solche Genehmigungen zu schließen. In der Ausländerbehörde ist Irmtraud Nobiling nach ihren Angaben am Donnerstag inzwischen vorgeschlagen worden, Flugtickets in die Türkei zu kaufen. Sobald diese vorliegen würden, sei die Haftentlassung und eine Heirat im Dezember möglich. Anfang Januar müßten beide nach Istanbul fliegen und beim deutschen Generalkonsulat die Wiedereinreise beantragen. Diese würde dann genehmigt. "Irrsinnig, aber wir machen es so", so Meyer. Von der Ausländerbehörde war zum konkreten Fall keine Stellungnahme zu erhalten. "Standesbeamte haben aber eine quasi richterliche Unabhängigkeit", so Martin Strunden von der Innenbehörde.