Anhalter Güterbahnhof soll Museumsquartier werden: Alte Karossen in neuen Schuppen
Er hat ziemlich Rost angesetzt, der Oldtimer der Marke Protos. 45 PS hat er unter der Haube und war früher bis zu 85 Kilometer pro Stunde schnell. Zwischen 1924 und 1927 in Berlin gebaut, ähnelt seine Karosse ein bisschen einer Kutsche. Der Veteran gehört zu den 150 Oldtimern in den Beständen des Deutschen Technikmuseums in Kreuzberg, die bisher kaum jemand zu Gesicht bekommen hat, weil es an Ausstellungsfläche fehlt. Das soll sich ändern. In zwei Schuppen in der Ladestraße gleich hinter dem Museum wird bis zum Frühjahr 2011 eine Automobilausstellung eingerichtet. Im kommenden Jahr fangen die Bauarbeiten an. 4,8 Millionen Euro würden für Berlins erfolgreichstes Landesmuseum zur Verfügung gestellt, teilte Kulturstaatssekretär André Schmitz gestern mit.Die Ladestraße ist keine richtige Straße, sondern die einstige Zufahrt für Fuhrwerke zum Anhalter Güterbahnhof, im Jahr 1874 gebaut. Von dort aus wurde die Stadt versorgt. 24 Schuppen sind aus alten Zeiten übrig geblieben, einige noch ganz gut erhalten, andere durch den Krieg erheblich zerstört.Das Land Berlin hat das insgesamt 25 000 Quadratmeter große Gelände im Jahr 2007 dem Technikmuseum zur Verfügung gestellt. Und das hat dort ziemlich viel vor. Denn der Ausbau der zwei Schuppen für die Oldtimer-Show ist nur der Beginn eines ehrgeizigen Projektes unter dem Namen "Technoversum". Ein modernes Museumsquartier soll in den kommenden Jahren in der Ladestraße entstehen. Museumsdirektor Dirk Böndel will in den um- und ausgebauten Lagerhallen zeigen, was sich so in seinen Depots verbirgt. Denn bisher können gerade mal 20 Prozent der Archivbestände den jährlich rund 600 000 Besuchern zugänglich gemacht werden. Die Planung ist schon recht fortgeschritten. Doch wann das neue Super-Museum fertig sein wird, ist ungewiss, weil "alles am leidigen Geld hängt", wie Böndel sagt. 62 Millionen Euro braucht er für den gesamten Ausbau, und die sind nicht in Sicht. Aber Böndel ist optimistisch. "In zwölf Jahren werde ich pensioniert, bis dahin ist alles fertig."Um die Ladestraße und das Technoversum-Projekt vorzustellen, findet am ersten September-Wochenende ein Museums-Wochenende für Entdecker statt. Dann können in den alten Schuppen bereits einige Oldtimer wie der Protos oder ein Botenfahrrad aus den zwanziger Jahren besichtigt werden, ebenso Fernseher, etwa der Marke Komet, und diverse Monitore. Zum Tag der offenen Tür am Sonntag, 6. September, haben Besucher Gelegenheit, alte Busse, Autos und Straßenbahnen in den Depots in der Monumentenhalle zu besichtigen. Bereits Freitag, 4. September, wird ab 21 Uhr in der Ladestraße der Stummfilmklassiker "Die Sinfonie der Großstadt" aus dem Jahr 1927 open air aufgeführt, begleitet von einem Ensemble des Babelsberger Filmorchesters. Stühle für etwa tausend Besucher stehen bereit. Mit Kino und einer Weltpremiere geht es am Sonnabend, 5. September, ab 6 Uhr weiter: Gezeigt wird dann "24h Berlin - ein Tag im Leben". Der Eintritt ist immer frei.Informationen im Internet unter: www.sdtb.de------------------------------Foto: Planung für die Zukunft: In der Ladestraße hinter dem Altbau mit dem gelben Dach (l.) sollen die Schuppen des Anhalter Güterbahnhofs ein Museumsquartier werden. Der Komplex rechts ist das heutige Technikmuseum.