Auslese zu : Ein Schock für Saudis

Viel erinnert an die Kriege gegen den Irak 1991 und 2003: Kriegsschiffe, Kampfjets und Raketen, die in den Nachthimmel zischen. Es scheint wie damals und ist doch anders, meint die in den Vereinigten Arabischen Emiraten erscheinenden Zeitung The National: „Man darf bei diesen Bildern nicht vergessen, dass es tatsächlich unser Krieg ist: Die arabischen Länder haben lange darauf gedrängt, dass die Weltgemeinschaft in den syrischen Konflikt eingreift. Das ist es, was jetzt geschieht.“

Tatsächlich stellen die Luftschläge auf Ziele der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) in Syrien durch eine Allianz, an der neben den USA auch fünf arabische Staaten beteiligt sind, eine Neuheit in der Entwicklung der Region dar – Stellen die arabischen Verbündeten den USA doch nicht nur ihre Stützpunkte zur Verfügung, sondern beteiligen sich zumindest zum Teil mit ihren eigenen Flugzeugen an den Luftschlägen.

Viele Zuschauer trauten ihren Augen nicht, als sie die Bilder sahen und vielen Kommentatoren – so scheint es zumindest – fiel zunächst nicht ein, wie sie diese für sie erstaunliche Entwicklung bewerten sollten. Dies gilt insbesondere, weil in der Allianz auch Staaten zusammengekommen sind, die sich bis vor einigen Tagen noch als unversöhnliche Erzfeinde gegenüberstanden.

Während die Emirate die Beteiligung ihres Landes als logische Fortsetzung der Politik ihrer Regierung sehen, die seit langem, ein internationales Eingreifen in Syrien fordert, schwingt bei der Bewertung durch katarische Analysten auch ein wenig Genugtuung mit: „Damit wären die Vorwürfe, dass Katar Terrorgruppen wie die IS gefördert haben soll, ja wohl ein für alle Mal vom Tisch. Es wäre doch völlig absurd, dass Katar gegen eine Organisation kämpft, die sie selbst aufgebaut hat“, sagt Jamal Abdullah vom Al-Dschasira-Center für Studien und spielt auf Vorwürfe an, die in der Vergangenheit mehrfach aufgebracht wurden, Katar habe IS finanziell unterstützt.

Die syrische Opposition begrüßte in einer Presseerklärung die Luftschläge, warnte aber zugleich davor dass durch die gemeinsame Bekämpfung der IS-Kämpfer, Assad tatsächlich zu einem Partner der USA werden könnte, wo es doch eigentlich darum gehen müsse, ihn zu stürzen. Genau dies wiederum wird in Teilen der libanesischen Presse kritisch betrachtet. In dem kleinen Nachbarstaat macht man sich Sorgen, dass die IS-Kämpfer, die durch Luftschläge vertrieben aber nicht getötet würden, im ohnehin schon krisengeschüttelten Libanon Zuflucht suchen könnten.

Einen besonders großen Schock erlebten saudische TV-Zuschauer. Nicht nur sahen sie Kampfflugzeuge Richtung Syrien starten. Das saudische Staatsfernsehen zeigte Bilder eines Treffens des saudischen Außenministers Prinz Saud al-Faisal mit seinem iranischen Amtskollegen Dschawad Sarif. Am Rande der UN-Vollversammlung in New York trafen sie zusammen. Iran und Saudi-Arabien sind seit Jahrzehnten erbitterte Rivalen und direkte Gespräche der Außenminister und noch dazu vor laufender Kamera – wer hätte sich das vor einigen Wochen träumen lassen?