Beim Wort Designklassiker denken wir an Dessau, Paris oder Mailand. Doch auch in Berlin sind Möbel entstanden, die neue Maßstäbe setzten. Bei Stil wie Funktionalität. Wir zeigen fünf Hauptstadt-Möbel quer durch die Stilhistorie.

Das neue B HISTORY mit dem Titel „Zu Hause in Berlin“, aus der dieser Artikel stammt, bietet akribisch recherchierte, opulent illustrierte und mitreißend erzählte Berliner Wohngeschichte(n).
Das Geschichtsmagazin der Berliner Zeitung – 124 Seiten mit 277 Abbildungen – gibt es im Einzelhandel für 9,90 Euro, im Leserservice unter der Telefonnummer +49 30 2327-77 und unter der E-Mail-Adresse leserservice@berlinerverlag.com zuzüglich Versandkosten. Sowie im Aboshop.
Barcelona-Bank von Mies van der Rohe (1886–1969)
2021

Zur Weltausstellung 1929 in Barcelona kreierte Mies van der Rohe den Deutschen Pavillon. Relativ kurzfristig wurde das spanische Königspaar angekündigt, und so entwarfen er und Lilly Reich einen die X-Stellung antiker Hocker nachahmenden Comfort Chair, der, kühn im Schwung naturalisierender Serifen, aber vollkommen starr, zur Ikone wurde. Ab 1930 fertigte ihn zunächst noch eine kleine Manufaktur in Berlin-Neukölln.
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Die Bank (oben im Foto), eine Einzelanfertigung für die renovierte Neue Nationalgalerie, kommt ihrem antiken Ideal noch näher, weil sie keinen Kippkomfort verspricht – und ganz bescheiden edle Herkunft feiert.
Garderobenleiste von Bruno Paul (1874–1968)
1930

1897 zeichnete er Karikaturen im Simplicissimus, 1898 war er Mitbegründer der Münchner Vereinigten Werkstätten, 1907 Gründungsmitglied des Deutschen Werkbundes und 1924 Direktor der späteren Universität der Künste zu Berlin. Als Innenarchitekt und Möbeldesigner entwarf Bruno Paul für Hellerau diese elegante Schichtholzgarderobe, augenzwinkernd anmutend wie genieteter Metallbau.
Stuhl SE 68 von Egon Eiermann (1904–1970)
1950

Der Architekt der nach dem Krieg neu aufgebauten Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche war auch ein namhafter Möbeldesigner. Manche nennen ihn sogar den deutschen Charles Eames; sein SE-68-Stuhl kommt verdächtig nahe an den DCM-Stuhl des amerikanischen Kultdesigners heran.
Gartenbank von Karl Friedrich Schinkel (1781–1841)
1825

Ihre x-förmige Gestellform findet die nur 110 Zentimeter breite Bank – damals war man schlank – im antiken klappbaren Scherenstuhl, der bereits 2000 v. Chr. in Ägypten auftaucht und als militärisch funktionale Form ins Throneske gesteigert wurde. Schinkel ist dank der Erfindung der Dampfmaschine mit der seriell und industriell reproduzierbaren Gartenbank aus lackiertem Eisenguss etwas ziemlich Modernes und Nachhaltiges geglückt. Welcher Architekt sonst aus der Zeit hat ein Möbel geschaffen, das noch heute produziert wird?
Regal S44 von Marcel Breuer (1902–1981)
1932

Der Ungar Breuer war einer der ersten und jüngsten Schüler am Bauhaus in Weimar, der radikalen Kunstschule, die sich kurz nach dem Ersten Weltkrieg formiert hatte. Das Regal S44 hat er 1932 für das Maison Clarté von Le Corbusier in Genf entworfen, einen der ersten Stahlskelettbauten im privaten Wohnungsbau: ein würdiges Setting für das S44. Breuer lebte nach seiner Zeit am Bauhaus bis zu seiner Emigration 1933 in Berlin.
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