Bedroht der Streifenbarsch, ein fremder Räuber, bald Aal und Karpfen?: Schmackhaft und gefährlich
JÄNSCHWALDE. Der Streifenbarsch, den Russlands Präsident Wladimir Putin bei seinem USA-Besuch in diesem Jahr aus dem Atlantik zog, war ein kapitales Stück. 75 Zentimeter lang soll er gewesen sein. Dem Fisch - er war der einzige Fang - wurde die Freiheit wiedergeschenkt, wie es hieß.Viele tausend Kilometer östlich schwimmen seit Dienstag 18 500 winzige Streifenbarsche in den Aufzuchtsteichen der Peitzer Edelfisch GmbH unweit des Kraftwerks Jänschwalde. Es könnte allerdings sein, dass einzelne Exemplare des aus Nordamerika stammenden Raubfischs auch in Lausitzer Seen oder anderswo in Brandenburg zu finden sind. Wiederholt seien hier Streifenbarsche gefangen worden, bestätigte das Umweltministerium in Potsdam. Zuletzt im Senftenberger See.Es sind derartige Meldungen, die die Naturschützer alarmieren. "Der Streifenbarsch ist sehr gefräßig und aggressiv. Sollte er sich hier vermehren, wird er viele einheimische Fischarten in ihrer Existenz bedrohen, zum Beispiel den Aal", warnt der Biologe Detlef Knuth, Leiter des Potsdamer Naturkundemuseums. Sei eine Art erst einmal etabliert, lasse sich das nicht mehr korrigieren. Und im Umweltministerium mahnt Referatsleiter Gerd Schumann: "Der Umgang mit nicht heimischen Arten sollte nur mit größter Vorsicht stattfinden."Bekannt ist das Beispiel des Victoriasees in Ostafrika. Dort wurde, um den Fischfang zu erweitern, in den 50er-Jahren der Nil-Barsch ausgesetzt. Inzwischen beherrscht dieser Räuber als Victoriabarsch den Binnensee. Da er die pflanzenfressenden Arten verdrängt hat, breiten sich Algen aus. Das Ökosystem ist geschädigt. "Auch hierzulande kann der Streifenbarsch ganz schnell zu einem Problem werden", so Knuth.Ein solches Horrorszenario hält Wilfried Donath, Geschäftsführer der Peitzer Edelfisch GmbH, für übertrieben. Auch die Regenbogenforelle sei erst 1882 aus Nordamerika nach Deutschland eingeführt worden, sagt er. "Da gab es die gleichen Befürchtungen wie bei den Streifenbarschen."Donath versichert, dass die Fische aus den mit Gittern gesicherten Aufzuchtsteichen nicht entweichen könnten. Das wiederum bestreitet Knuth. "Bei den Teichen handelt es sich nicht um geschlossene Systeme, wie sie gefordert sind", behauptet er. Fische könnten natürlich entkommen, mit allen möglichen Folgen.Es sind sogenannte Hybriden, eine Kreuzung aus der mehr als 20 Kilogramm schweren Salzwasserart und einer deutlich kleineren Süßwasservariante, die in den Teichen von Jänschwalde schwimmen. Ein günstiger Standort - in der kalten Jahreszeit fließt das warme Kühlwasser des Kraftwerks durch die Becken. So können die Fische das ganze Jahr über wachsen.Die Streifenbarsche erreichen nach etwa anderthalb Jahren das Verkaufsgewicht von 350 bis 450 Gramm. Rund 100 Tonnen haben die Fischer bisher auf den Markt gebracht. Für dieses Jahr ist der Fisch - etwas teurer als Forelle - ausverkauft. "Die Filets sind äußerst schmackhaft und grätenarm", sagt Donath. Er glaubt, dass der Streifenbarsch sogar dem Karpfen den Rang ablaufen könnte.Den Versuch zur Aufzucht hatten die Peitzer - unterstützt vom Institut für Binnenfischerei in Potsdam - vor fünf Jahren gestartet. "Wir wollten sehen, ob der Streifenbarsch ein geeigneter Fisch für die hiesigen Verhältnisse ist", sagt Institutsleiter Uwe Brämick. Die Aufzucht gelang, die gezielte Vermehrung aber nicht. Donath lässt deshalb die Fischbrut regelmäßig aus Israel einfliegen. Anfang dieser Woche traf eine neue Lieferung ein - 57 Behälter, in denen jeweils 1 500 Jungfische schwammen.Ungeklärt bleibt einstweilen, wie Streifenbarsche in märkische Gewässer gelangen konnten. Experten halten es für möglich, dass die Tiere aus einem Fischereibetrieb in Mecklenburg-Vorpommern stammen, der vor einiger Zeit Pleite ging. Dessen Fische sollen in alle Richtung verkauft worden sein, auch Streifenbarsche - von denen einige vielleicht ausgesetzt wurden. Laut Fischbiologe Brämick lässt sich die Herkunft der Tiere nicht feststellen. "Ich gehe aber nicht davon aus, dass eine natürliche Population besteht", sagt er.Aufzuchtskritiker Knuth ist sich da nicht so sicher.------------------------------Foto: Streifenbarsch - gekreuzt aus im Meer und im Süßwasser lebenden Arten.