Bei der Historiale spielen 60 Darsteller ein bisschen Märzrevolution - mit nachgebauter Pickelhaube: Barrikadenkampf am Alexanderplatz
MITTE. Auf dem Alexanderplatz wird heute Abend gekämpft: Preußische Soldaten in grauen Filzmänteln und mit schwarzen Pickelhauben auf dem Kopf werden versuchen, eine Barrikade in der früheren Königstraße zu erstürmen. Die wird von Handwerkergesellen, Studenten und Bürgerlichen verteidigt. Etwa 60 Darsteller unter anderem aus Berlin und Lübeck werden Szenen nachspielen, wie sie sich am 18. und 19. März 1848 am Alex und auf etwa 200 weiteren Barrikaden in der Stadt zugetragen haben. Der Barrikadenkampf - er soll punkt 18.48 Uhr beginnen - ist einer der Höhepunkte des diesjährigen Geschichtsfestivals Historiale, das gestern Abend mit einem historischen Theaterstück im Roten Rathaus eröffnet wurde.Der Verein Historiale will bis zum 22. März mit Inszenierungen sowie zahlreichen Stadtführungen und Lesungen an die Märzrevolution von 1848 erinnern. "Denn sie bildet die Grundlage unserer Demokratie", sagt Wieland Giebel von der Historiale. Vor 160 Jahren forderten tausende Arbeiter, Handwerker, Bürgerliche und Studenten vom preußischen König demokratische Rechte wie Presse- und Versammlungsfreiheit, Volksbewaffnung und Wahlrecht."Spannend und erlebbar" will die Historiale die Geschichte darstellen. Und dazu gehört auch, dass geschossen wird. "Wenn die 50-Millimeter-Kanone abgefeuert wird, dann wird das schon einen ordentlichen Knall und einen kräftigen Feuerstoß geben", sagt Enno Lenze, Projektleiter des Festivals. Einige Historiker sprechen dagegen jetzt schon von "Klamauk". "Wir werden gedrosselt schießen, sonst gehen in den Häusern ringsherum die Alarmanlagen an", sagt Gert Kinnemann. Er betreibt in Neuenhagen ein Zeughaus und hat für die Historiale nach historischem Vorbild 20 preußische Pickelhauben aus drei Millimeter dickem Rindsleder und Messing angefertigt. "Seit über einem halben Jahr arbeite ich daran. Das war nicht einfach, es gab zum Beispiel keine Unterlagen, wie so ein Pickel herzustellen ist", sagt er.Etwa 50 000 Euro haben die Inszenierungen gekostet, das Geld haben der Verein und Giebels Buchhandlung Berlin-Story aufgebracht. Die Historiale setzt noch ein weiteres Großereignis der Märzkämpfe in Szene: Am Sonnabend werden vor dem Deutschen Dom auf dem Gendarmenmarkt symbolisch 183 Särge aufgebahrt. Vorlage dafür ist das bekannte Gemälde von Gustav Adolph Friedrich Menzel.Volker Schröder von der Aktion 18. März findet es gut, dass die Historiale das Thema Märzrevolution aufgegriffen hat. "Das nutzt auch uns", sagt er. Seit 30 Jahren setzt er sich mit prominenten Mitstreitern dafür ein, dass der 18. März in Deutschland ein nationaler Feiertag wird. Das Abgeordnetenhaus hat in der vergangenen Woche beschlossen, dass der Senat eine entsprechende Bundesratsinitiative starten soll. Schröder organisiert zudem jährlich mit den Bezirken Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg die Kranzniederlegung auf dem Friedhof der Märzgefallenen in Friedrichshain. Und er sieht es als Erfolg, dass die Fläche hinter dem Brandenburger Tor inzwischen den Namen Platz des 18. März trägt.------------------------------Särge für Gefallene18. März: Am Brandenburger Tor findet eine Feierstunde der Aktion 18. März statt. Es spricht die ehemalige Parlamentspräsidentin Hanna Renate Laurien. 15 bis 16 Uhr, Platz des 18. März am Brandenburger Tor.Auf dem Friedhof der Märzgefallenen werden Kränze niedergelegt. Dort spricht der Präsident des Abgeordnetenhauses, Walter Momper. 17 Uhr, Friedhof der Märzgefallenen, Volkspark Friedrichshain, Eingang Landsberger Allee.Auf dem Alexanderplatz wird der Kampf um die Königsbarrikade lebendig. 18.48 Uhr, Alexanderplatz.19. März: "Emanzipation der Juden", Vortrag von Julius Schoeps (Moses-Mendelssohn-Zentrum). 19 Uhr, Otto-Suhr-Saal, Parochialstraße 3 in Mitte20. März: Unter dem Titel "Die Befreiung Miroslawskis" wird die Geschichte des polnischen Revolutionärs erzählt, der im Zellengefängnis inhaftiert wurde. 12 Uhr, Geschichtspark Moabit, Lehrter Straße 1-5.21. März: Vorträge und Quiz für Jugendliche im FEZ Wulheide. Erstmals wird es ein Historiale-Quiz geben. Ab 11 Uhr, FEZ Berlin, An der Wuhlheide 197.Vorträge zur Revolution und ihren Folgen gibt es auch in der Buchhandlung Berlin-Story, Unter den Linden.22. März: 183 Särge der Gefallenen der Märzrevolution werden vor dem Deutschen Dom aufgebahrt. Während der Kämpfe in Berlin starben etwa 300 Menschen. 12 Uhr, Gendarmenmarkt, Mitte.Das Programm im Internet: www.historiale.de------------------------------Foto: Mit dem historischen Theaterstück "Die Revolution hinter der Fassade", das gestern im Roten Rathaus aufgeführt wurde, begann das Geschichtsfestival Historiale - Szene mit Christoph Beuing (Barrikadenkämpfer Dr. Julius Urban) und Patrick Rupar (Polizeipräsident Julius von Minutoli).------------------------------Foto: Die Barrikade an der Königstraße 1848: Sie wurde nie erobert.