Berlin - Das hier ist eine Erfolgsgeschichte. Man könnte auch von einem Bildungswunder sprechen, einem vietnamesischen Wunder. Es ist ein Wunder, das der Bildungsforschung zu spotten scheint. In Deutschland gilt seit langem die Gleichung, dass soziale Herkunft über schulischen Erfolg entscheidet, und zwar mehr als in allen anderen Ländern Europas.
Benachteiligt sind Kinder aus Familien, in denen die Eltern keinen hohen Abschluss haben, bei denen keine Bücher im Regal stehen, bei denen zu Hause kein Deutsch gesprochen wird. All das trifft auch oft auf Kinder ehemaliger Vertragsarbeiter aus Vietnam zu, aber bei ihnen ist alles ganz anders. Sie gehen in vielen Fällen aufs Gymnasium, sie brechen seltener die Schule ab als deutsche Schüler.
In Lichtenberg, wo besonders viele Vietnamesen leben, liegt der Anteil an vietnamesischen Gymnasiasten bei 4,7 Prozent, und das sind nur diejenigen mit vietnamesischem Pass.
Erfolgreich in der Schule dank Konfuzius
Das Lichtenberger Barnim-Gymnasium, ein modernes Backsteingebäude am nordöstlichen Stadtrand, erfasst auch die Schüler, die zwar einen deutschen Pass haben, aber vietnamesische Wurzeln. Im letzten Schuljahr hatten hier 190 der 1.225 Schüler einen vietnamesischen Namen. Das sind 16 Prozent. Und die Schule an der Ahrensfelder Chaussee ist keine Ausnahme.
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„Da spielt Konfuzius eine Rolle“, sagt der Schuldirektor Detlef Schmidt-Ihnen. Diesem chinesischen Gelehrten sei es zu verdanken, dass in der „asiatischen Community“, wie er sagt, Bildung so hoch geschätzt wird. Er fischt die Liste des Abiturjahrgangs vom Schreibtisch. „Na, diesmal hat es kein Vietnamese auf die 1,0 geschafft“, sagt er und klingt fast ein wenig überrascht. Dafür gibt es zwei mit einem Durchschnitt von 1,3. In seiner Schule besteht die Community, die er pflegeleicht“ nennt, aus ein paar Botschaftskindern, aber vor allem handelt es sich um die Söhne und Töchter ehemaliger Vertragsarbeiter, die zu DDR-Zeiten ins Land kamen.
Nach dem Mauerfall blieben viele in Deutschland. Der Weg zum Barnim-Gymnasium führt vorbei an ihren Läden, in denen es frisch geschälte Mangos und asiatische Tütensuppen gibt, an ihren Nagelstudios, Imbissen und Restaurants und am Dong-Xuan-Center, einem riesigen Asia-Markt.
Man könnte sagen, dass die Vietnamesen im Ostteil der Stadt ähnliche Geschäfte betreiben wie die türkischstämmige Gemeinde im Westen. Große Unterschiede gibt es beim Schulerfolg ihrer Kinder.