BERLINER MAUER - Am Checkpoint Charlie werden 120 originale Betonteile aufgestellt. Künstler aus geteilten Ländern sollen sie bemalen.: Mauerkunst und Disneyland
Alexandra Hildebrandt lässt die Mauer wieder auferstehen. Nicht komplett, sondern auf einem 140 Meter langen Abschnitt an der Zimmerstraße in Mitte. 120 originale Betonelemente samt der runden Mauerkrone, die ihr verstorbener Mann, Mauermuseums-Gründer Rainer Hildebrandt, gesammelt hatte. "Wir wollen die Menschen an die Mauer erinnern. Und an die Torsituation am Checkpoint Charlie. Weltweit war dieser Grenzübergang Symbol der Teilung", sagt Alexandra Hildebrandt. Wann genau die Mauer komplett ist, weiß die Chefin des Mauermuseums noch nicht. Noch in dieser Woche aber sollen die ersten Teile stehen, etwa bis Ende Oktober die ganze Mauer. Hildebrandts Idee ist es auch, Künstler aus Ländern, die noch heute geteilt sind, nach Berlin einzuladen. Zum Beispiel aus Nord- und Südkorea, aus Zypern oder aus Isreal und Palästina. Sie sollen die Beton-Segmente wie an der East Side Gallery bemalen. Finanziert wird das Projekt vom privaten Mauermuseum. Bezirk ist skeptischEigentlich wollte Hildebrandt ihre Mauer unbefristet stehen lassen. Das lehnt das Bezirksamt Mitte ab. "Einen dauerhaften Wiederaufbau der Mauer an dieser Stelle wollen und brauchen wir nicht", sagt Baustadträtin Dorothee Dubrau (Grüne). Zumal die Betonteile nicht mehr am originalen Platz, sondern um ein paar Meter versetzt stehen werden. Ursprünglich stand die Mauer direkt auf der Zimmerstraße, ein geplasterter Streifen in der Asphaltdecke erinnert heute daran.Kritiker bezeichnen Hildebrandts Mauer-Aktion bereits als Disneyland. "Durch immer mehr Kunstbausteine bekommt der Checkpoint Charlie kulissenhaften Charakter", sagt Gabriele Camphausen von der Mauergedenkstätte Bernauer Straße. Die Mauer werde lediglich auf Effekte reduziert. Auch im Bezirksamt Mitte ist man nicht glücklich darüber, dass gerade am Checkpoint die Mauer aufgestellt wird. Auch wegen der aktuellen Diskussion um die unterschiedlichen Lebensverhältnisse in Ost und West. "Es ist aber eine Kunstaktion. Und sie findet auf Privatgelände statt", sagt Baustadträtin Dubrau. Die Bauaufsicht habe das Vorhaben geprüft und genehmigt. "Frau Hildebrand hat uns schriftlich versichert, dass sie die Mauer bis zum 1. Januar 2005 wieder abgebaut hat", sagt Dubrau. Dann läuft auch Hildebrandts Pachtvertrag für die Grundstücke aus. Bis dahin aber sollen sich die Berlin-Besucher und die Mauer-Touristen den Betonwall vom Bürgersteig aus ansehen können. "Und feststellen, dass der Checkpoint Charlie kein Schlupfloch war, wie das heute oft über den Kontrollpunkt gesagt wird", so Hildebrandt. Was danach aus den Mauerteilen werden soll, vermag die Museumschefin noch nicht genau zu sagen. Einige Elemente will sie den heute noch geteilten Ländern schenken. "Als Mahnung", wie sie sagt.------------------------------Foto: Die Vorbereitungen für den Wiederaufbau der Mauer haben begonnen. 120 originale Betonteile sollen dort bis Jahresende stehen.