Berliner Mieterpartei: Wohnzimmer-Wahlkampf gegen die Verdrängung

Berlin - Es ist 12 Uhr, die Sonne scheint. Maike Ahlers hat gerade ihre Wohnzimmermöbel auf dem Hansaplatz in Moabit aufgestellt. Zwei Sessel mit grünen Sitzpolstern, einen runden Tisch, darauf ein Blumentopf und eine kleine Lampe. „Berlin muss wohnlich bleiben. Wohnen ist existenziell“, sagt die 45-Jährige. Das ist die Botschaft ihrer Aktion.

Maike Ahlers ist Direktkandidatin der Mieterpartei für den Wahlkreis 3 im Bezirk Mitte. Und heute steht sie das erste Mal mit mehreren Partei-Mitgliedern auf dem Hansaplatz, mitten in ihrem Wahlkreis.

Die Männer, die nicht weit entfernt von ihr an Kneipentischen unter großen Sonnenschirmen sitzen und Bier trinken, schauen neugierig zu. Maike Ahlers hat noch ein paar Plakate aufgestellt. Darauf steht: „Sanierungsbetrug stoppen“, „Nachbarn behalten – Miethaie verdrängen“.

Bürgerrecht auf Wohnen im Grundgesetz

Die Mieterpartei wurde im Februar dieses Jahres gegründet. Sie setzt sich unter anderem dafür ein, ein Bürgerrecht auf Wohnen im Grundgesetz zu verankern. Die Partei tritt in Pankow zur Wahl für die Bezirksverordnetenversammlung an.

Außerdem bewerben sich drei Kandidaten der Partei in Mitte und Pankow um ein Direktmandat für das Abgeordnetenhaus. Sie sei keine Berufs-Politikerin, sagt Maike Ahlers. Sie mache alles nebenher zur normalen Arbeit. Die ausgebildete Medienberaterin leitet sonst Kurse im Babyschwimmen.

Im Juni sei sie gefragt worden, ob sie kandidieren will, sagt sie. Sie wollte, weil sie selbst erlebt habe, wie schwer es Mieter derzeit in Berlin haben. Ihr Vermieter habe den Bewohnern ihres Hauses eine teure Modernisierung angekündigt, woraufhin viele die Flucht ergriffen.

Kandidatin selbst von Modernisierung betroffen

Ahlers widersetzte sich der Modernisierung. Sie blieb mit ihrer Familie in dem Haus, erlebte dabei jedoch einige unangenehme Überraschungen. „Wir hatten kein Heißwasser, keine Heizung“, berichtet sie. Sogar der Schornstein sei abgerissen worden. Der Eigentümer lasse nicht locker. Er hat sie auf Duldung der Modernisierung verklagt. Der nächste Gerichtstermin ist im Oktober. „Es kann einfach nicht angehen, dass so ein Vorgehen als normal angesehen wird“, sagt Maike Ahlers.

Mittlerweile scheint die Verdrängung von Mietern aber traurige Realität zu sein. Ein 69-Jähriger berichtet ihr auf dem Hansaplatz, dass die Eigentümer seiner Wohnung ihm wegen Eigenbedarfs gekündigt haben. „Wir wollen, dass die Menschen in ihren Kiezen bleiben können“, sagt Ahlers.

Ihr Lebenspartner Sven Fischer tritt ebenfalls für die Mieterpartei als Direktkandidat an. Er bewirbt sich im Wahlkreis 6 in Pankow um ein Mandat. Dritter Direktkandidat der Partei ist Tilo Trinks, der sich seit 2013 im Pankower Mieterprotest gegen teure Modernisierungen wehrt. Er tritt im Wahlkreis 3 in Pankow an.

Die Mieterpartei ist klein. Sie hat etwa 30 bis 35 Mitglieder, sagt Joerg Lang, der für die Partei einen Sitz in der Pankower BVV gewinnen will. Er steht an diesem Tag mit Maike Ahlers auf dem Hansaplatz. Maike Ahlers hat noch am Abend zuvor ein Informationsblatt geschrieben und es am Morgen im Copy-Shop gedruckt. Jetzt versucht sie, die gelben Flyer zu verteilen.

Drei Wähler gewonnen

„Sind sie auch Mieter in Berlin?“, fragt Ahlers die Passanten, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Viele gehen an ihr vorbei. Aber einige bleiben stehen, unterhalten sich und nehmen den Flyer mit. Nach drei Stunden haben Maike Ahlers drei Leute gesagt, dass sie die Mieterpartei wählen wollen. Auch am nächsten Tag ist Ahlers wieder vor Ort.