Bestechung von Abgeordneten: Korruption gestattet
Nichts mit hitzigen Debatten und knappen Abstimmungen: Wirklich unangenehme Gesetzesinitiativen versenkt die Koalition am liebsten möglichst geräuschlos – zum Beispiel, wenn es um die Bekämpfung von Korruption geht.
Im Rechtsausschuss des Bundestags haben Abgeordnete der CDU, CSU und FDP mit ihrer Mehrheit am Mittwoch dafür gesorgt, dass Deutschland das Übereinkommen der UN zur Bekämpfung von Korruption nicht ratifizieren wird – indem sie den Punkt einfach von der Tagesordnung verbannten. Vertagt. Fertig.
So geht das schon seit Jahresanfang. Diese Woche wurde der Punkt schon zum siebten Mal von der Tagesordnung gestrichen. Theoretisch könnte nächste Woche doch noch über die Bestrafung der Bestechung von Abgeordneten beraten werden. Doch daran glaubt inzwischen niemand mehr, der in dem Ausschuss sitzt.
Inzwischen gilt es als ausgeschlossen, dass Deutschland in dieser Legislaturperiode noch das UN-Abkommen ratifizieren wird, das schon vor zehn Jahren verabschiedet wurde - und das mittlerweile von 167 Ländern ratifiziert wurde. Die Bundesrepublik gehört mit Staaten wie Nordkorea, Sudan und Syrien zu den wenigen Ausnahmen, die sich nicht zur Bestrafung der Korruption gegenüber Amtsträgern verpflichten. Nur der direkte Stimmkauf bei einer Wahl ist strafbar – wird für ein Abstimmverhalten nachher bezahlt, ist das in Deutschland legal.
Eine Sonderrolle, die nicht gerade förderlich dafür ist, wenn Deutschland anderen Ländern Ratschläge erteilt, wie die eigene Korruption zu bekämpfen sei. Diese Erkenntnis soll auch bei Siegfried Kauder, dem Vorsitzenden des Rechtsauschusses, einen Wandel ausgelöst haben. Der kleine Bruder von Volker Kauder, dem Vorsitzenden der Unions-Bundestagsfraktion, galt einst als Hardliner gegen das Anti-Bestechungs-Gesetz. Die Abgeordneten seien nur den Wählern verpflichtet, nicht den Gerichten, hatte er argumentiert. Doch im Ausland soll er gemerkt haben, dass diese Argumentation nicht ganz so vorbildlich wirkt. So ist Kauder nun zum größten Vorkämpfer eines Gesetzes zur Abgeordnetenbestechung geworden.
Doch seit Siegfried Kauder einen eigenen Gesetzentwurf einbrachte, den auch die Oppositionsfraktionen unterstützen, muss er zusehen, wie seine Parteifreunde Woche für Woche dafür stimmen, das Thema zu vertagen. Dabei hatte vor kurzem selbst der Bundesverband der Deutschen Industrie Druck gemacht: Die Abgeordneten sollten das Anti-Korruptions-Abkommen der UN endlich ratifizieren. Deutsche Konzerne würden in Verhandlungen über Anti-Korruptionsvereinbarungen oft darauf angesprochen, die Sonderrolle Deutschlands stelle für die Unternehmen eine erhebliche Belastung bei ihren Auslandsaktivitäten dar.