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Wer sein Auto in der Kraftfahrzeug-Zulassungsstelle in der Jüterboger Straße in Kreuzberg an- oder ummelden will, muss sich zunächst einmal eine Nummer ziehen. Und dann heißt es warten. So ergeht es den meisten. Manche allerdings warten offenbar nicht allzu lange. Sie zahlen lieber 15 bis 20 Mark - sozusagen an professionelle "Wartende". Dies sind Männer, die gleich nach dem Öffnen der Behörde viele Nummern ziehen und diese dann verkaufen. Inzwischen ist auch die Polizei auf diesen illegalen Wartemarken-Handel aufmerksam geworden. Täter konnten die Ermittler allerdings noch nicht dingfest machen. Um nicht aufzufliegen, wechseln sie sich ständig ab, sagte ein Beamter. Fest steht: Täglich werden etwa 400 bis 1 000 Wartemarken mehr aus den Automaten der Zulassungsstelle gezogen als benötigt. Offenbar holen sich die Betrüger mehr Marken aus dem Automaten, als sie an "Kunden" verkaufen können. Die Kriminalpolizei prüft nun, ob sie ein Ermittlungsverfahren einleitet. Eine Anzeige liegt bislang noch nicht vor."Katastrophale Zustände"Die Senatsinnenverwaltung kündigte am Dienstag an, so schnell wie möglich Maßnahmen gegen den illegalen Verkauf von Wartemarken einzuleiten. Demnach sollen die Automaten für die Wartemarken in der Eingangshalle der Zulassungsstelle abgeschafft werden. Stattdessen soll ein zentraler Schalter aufgestellt werden, wo die Marken persönlich an die Wartenden ausgehändigt werden. Wann der Schalter aufgestellt wird, ist bislang noch nicht geklärt. Ein Sprecher der Innenverwaltung versicherte jedoch, dass dies in den nächsten Wochen oder Monaten geschehen soll.Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte nach dem Bekanntwerden der Betrügereien "personelle und organistatorische Konsequenzen". "Die Meldestellen benötigen mehr Personal", sagte GdP-Landesvorsitzender Eberhard Schönberg.Auf den Gängen der Zulassungsstelle war der illegale Verkauf von Wartemarken am Dienstag ein Thema. "Mir werden regelmäßig Wartemarken angeboten", sagte eine Autohändlerin. "Meistens kaufe ich sie, damit nicht so viel Zeit durchs Warten verloren geht." Einen speziellen Schalter lehnt die Kreuzberger Autoverkäuferin ab, weil sie und ihre Kollegen dann länger anstehen müssten. "Ein Schalter verhindert vielleicht den illegalen Verkauf von Marken, aber die katastrophalen Zustände in der Kreuzberger Zulassungsstelle bleiben bestehen."