Bildungspolitik: Studienwerk fördert begabte Muslime

Eine bessere Wahl als Bülent Ucar hätte man nicht treffen können. Der Professor für islamische Religionspädagogik gehört nicht nur zum Vorstand des neu gegründeten Avicenna-Studienwerks. Ucar kann auch aus eigener Erfahrung erklären, wie wichtig die Aufgabe ist, die das muslimische Begabtenförderwerk künftig übernehmen soll. Es wird muslimische Studierende und Promovierende mit Stipendien fördern.

Als Grundschüler bekam Ucar eine Empfehlung für die Hauptschule. Was in ihm steckte, konnte er nur beweisen, weil sein Vater seinerzeit darauf bestanden hatte, den Sohn aufs Gymnasium zu schicken. Nach dem Abitur studierte Ucar Rechtswissenschaft, Islamwissenschaften und Politische Wissenschaft in Bochum und promovierte schließlich in Bonn. Heute ist er Professor für Islamische Religionspädagogik und Direktor des Instituts für Islamische Theologie in Osnabrück.

Muslimische Studenten wie ihn will das Avicenna-Studienwerk künftig fördern. „Viele muslimische Studentinnen und Studenten leisten Herausragendes in ihrem Fach und für die Gesellschaft“, erklärt die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Johanna Wanka (CDU), die das neue Studienwerk am Dienstag gemeinsam mit Bülent Ucar in Berlin vorstellte. Es wird deshalb, wie die anderen konfessionellen Studienwerke in Deutschland auch, vom Bundesministerium gefördert werden.

Grundförderung von 670 Euro im Monat

Studentinnen und Studenten können sich zum Wintersemester 2014/15 bewerben und, sofern sie die Kriterien erfüllen, ein Grundstipendium von bis zu 670 Euro im Monat erhalten. Für Promovierende gibt es 1050 Euro. Die Kriterien für die Begabtenförderung des Avicenna-Studienwerks erfüllt, wer überdurchschnittliche Leistungen vorweisen kann und sich auch gesellschaftlich engagiert. Nicht-muslimische Studenten können sich ebenfalls bewerben, etwa für das Promotionsstipendium, wenn sie sich einem Thema widmen, das „im interkulturellen Bereich angesiedelt“ ist, wie Bülent Ucar es formuliert.

Dem Namensgeber des Studienwerks will man auf diese Weise gerecht werden: Der um das Jahr 980 geborene Abu Ali al-Hussain ibn Abdullah ibn Sina, der im lateinischen Sprachraum als Avicenna bekannt wurde, war ein persischer Universalgelehrter, der Aristoteles und Platon kommentierte und später europäische Theologen wie Thomas von Aquin beeinflusste. Avicenna, erklärt Bülent Ucar, war „ein Brückenbauer zwischen den Kulturen und Religionen“.

Unterstützt wird das Studienwerk in den ersten fünf Jahren mit jeweils einer Million Euro von der Mercator-Stiftung. Man wolle damit die Anerkennung und Gleichbehandlung von Muslimen fördern, erklärte der Geschäftsführer der Stiftung, Bernhard Lorentz.

Dass es mit dem Avicenna-Studienwerk nun ein dreizehntes staatlich gefördertes Studienwerk gibt, verdanken die Studierenden allerdings vor allem drei ehemaligen Stipendiaten unterschiedlicher Stiftungen. Zwei von ihnen sind Muslime. Alle drei gingen auf Schulen, in denen sie von Anfang an mit Schülern anderer Herkunft und Religion unterrichtet wurden. Das habe sein Bild von Deutschland geprägt, sagt Matthias Meyer, einer der drei Initiatoren. Für ihn ist es keine Frage, dass auch die islamische Kultur dazu gehört: „Wir können viel voneinander lernen“, sagt er.