Bulgarien und Rumänien: Gegenwind für CSU-Kurs zur Arbeitsmigration
München/Berlin - Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, hat die CSU wegen ihrer Bestrebungen kritisiert, gegen so genannte Armutsmigranten aus der Europäischen Union schärfer vorzugehen. „Die CSU verlässt den antirassistischen Konsens der Demokraten, den der Bundestag in seiner gemeinsamen Resolution im November 2011 formuliert hat“, sagte er der „Berliner Zeitung“ am Sonnabend. „Wenn eine Regierungspartei gegen Ausländer hetzt, darf man sich nicht wundern, wenn braune Gewaltbanden Taten folgen lassen. Hetze hilft niemandem.“
Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte zuvor über eine Beschlussvorlage für die CSU-Klausurtagung in Wildbad Kreuth Anfang Januar berichtet. Darin heißt es: „Der fortgesetzte Missbrauch der europäischen Freizügigkeit durch Armutszuwanderung gefährdet nicht nur die Akzeptanz der Freizügigkeit bei den Bürgern, sondern bringt auch Kommunen an die Grenzen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit.“
So soll ihnen nach den Vorstellungen der CSU etwa der Zugang zum deutschen Sozialsystem erschwert werden, heißt es in der Beschlussvorlage für die Fraktionsklausur der CSU-Landesgruppe Anfang Januar in Wildbad Kreuth. Anlass sind Befürchtungen, die von Januar an auch für Rumänien und Bulgarien geltende unbeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit könnte zu einem verstärkten Zuzug aus diesen Ländern führen. Nach der CSU-Vorlage ist eine generelle Aussetzung des Bezugs von Sozialleistungen für die ersten drei Monate des Aufenthalts zu prüfen. Außerdem soll härter gegen Sozialbetrüger vorgegangen werden. So müsse es nicht nur eine Möglichkeit zur Ausweisung der Person, sondern auch zur Verhinderung einer Wiedereinreise geben. "Wer betrügt, der fliegt", heißt es in der Vorlage, die auf der traditionellen CSU-Landesgruppen-Klausur vom 7. bis 9. Januar beraten werden soll.
Riexinger kontert: „Eine wirklich effektive Maßnahme gegen grenzüberschreitendes Lohndumping wäre die synchrone Einführung eines ausnahmslosen Mindestlohns mit der Freizügigkeit. Ein halber Mindestlohn ist zu spät und zu wenig."
Auch SPD und Grüne warnen davor, Stimmung aufzuheizen
Auch die SPD-Vizevorsitzende Aydan Özoğuz mahnte die CSU, ihre Klausur nicht dazu zu nutzen, "durch falsche Pauschalurteile die Stimmung in unserer Gesellschaft gegen Arme aufzuheizen". Im Koalitionsvertrag von Union und SPD sei "eine klare und sachliche Herangehensweise" vereinbart worden. Daran sollte sich die CSU auch halten.
Die Grünen werfen wie die Linkspartei der CSU vor, mit ihrer Warnung vor Armutszuwanderung Ressentiments zu schüren. Der Innenpolitiker der Grünen, Volker Beck, sagte am Sonnabend: "Die CSU sollte nicht das innenpolitische Klima vergiften!"
Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) rechnet damit, dass die Zahl der Rumänen und Bulgaren in Deutschland im kommenden Jahr um 100 000 bis 180 000 steigen könnte. Derzeit leben in Deutschland gut 370 000 Bürger aus beiden Staaten. Die beiden Ländern rangieren bei den Durchschnittslöhnen in der EU auf den letzten beiden Plätzen.
Die Forscher der Bundesagentur für Arbeit halten in ihrem Bericht aber auch fest: "Die Zahlen zur Beschäftigung und zum Leistungsbezug rechtfertigen es gegenwärtig nicht, die Zuwanderung aus Bulgarien und Rumänien pauschal als "Armutszuwanderung" zu qualifizieren." Die Probleme konzentrierten sich auf einige strukturschwache Kommunen wie Duisburg, Dortmund und Berlin. Seit langem weisen diese Kommunen auf eine drohende Überforderung durch zusätzliche Sozialleistungen hin. Der Migrationsforscher Klaus F. Zimmermann weist in einer Studie darauf hin, dass Rumänen und Bulgaren schon jetzt zu den besonders gut integrierten Ausländergruppen zählen.
Laut IAB-Studie waren Mitte 2013 rund 10 Prozent aller Bulgaren und Rumänen in Deutschland auf Hartz-IV-Bezug angewiesen. Der Wert liegt zwar über der Quote der Gesamtbevölkerung (7,5 Prozent), aber deutlich unter der aller Ausländer (15 Prozent).
Die von der CSU angestrebten Maßnahmen bewegen sich schon jetzt im Rahmen der EU-Regeln. So ist ein Gastgeberland nicht verpflichtet, innerhalb der ersten drei Monate des Aufenthalts Sozialleistungen zu gewähren. Auch eine Wiedereinreisesperre ist möglich. (mit dpa)