Bundeswehr in der Kritik: Bundeswehr wird weniger attraktiv
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will die Bundeswehr zu einem attraktiven Arbeitgeber machen. Doch die Truppe entfernt sich von diesem Ziel. Von einer nachlassenden Attraktivität spricht eine groß angelegte Studie des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften. Ein Hauptgrund für die Unzufriedenheit der zu 90 Prozent männlichen Soldaten ist offenbar die wachsende Bedeutung von Frauen beim Militär.
Die Zufriedenheit mit ihrer Berufswahl geht allerdings bei Soldatinnen und Soldaten im Gleichschritt zurück. Nur 57 Prozent würden wieder zum „Bund“ gehen, wenn sie noch einmal die Wahl hätten – zehn Prozent weniger als bei einer ähnlichen Studie 2005. Fast ein Viertel würde die Bundeswehr am liebsten vor Ablauf der Dienstzeit verlassen. 2005 betrug dieser Anteil 11,3 Prozent bei den Frauen und 15,3 Prozent bei den Männern.
Frauen mit vermeintlich besseren Karrierechancen
Im Mittelpunkt der Untersuchung mit dem Titel „Truppenbild ohne Dame“ (mgfa-potsdam.de) stand die Stellung der Frauen in der Bundeswehr. Die Fragebogen füllten im Jahr 2011 rund 3000 Soldatinnen und 1800 Soldaten aus. Forschungschef Gerhard Kümmel konstatierte bei der Vorstellung der Ergebnisse am Freitag im Verteidigungsministerium eine Eintrübung des Integrationsklimas vor allem der männlichen Mehrheit.
Frauen hätten bessere Karrierechancen meinte 2005 gut die Hälfte der Männer, 2011 waren es fast 62 Prozent. Die Frauen sahen 2005 noch fast 32 Prozent bessere Chancen für sich, 2011 waren es weniger als 25 Prozent.
Eine wachsende Mehrheit der männlichen Soldaten findet, die Bundeswehr habe sich durch die Frauenintegration zum Schlechteren verändert – 56,6 Prozent (2005: 51,6). Die Zahl der Männer, die einen Verlust an Kampfkraft sehen, stieg von 32,7 auf 35,8 Prozent. Mit 34 Prozent gaben fast sechs Prozent mehr als vor vier Jahren an, dass Frauen „dem harten Leben im Felde nicht gewachsen“ seien. Ungeeignet als militärische Vorgesetzte stufen sie über 22 Prozent der Männer ein (2005: 15 Prozent).
Gefragt wurde auch nach den Formen sexueller Belästigung. Diese geht in aller Regel von Männern aus. Fast die Hälfte der Soldatinnen wurden mit anzüglichen Bemerkungen konfrontiert, jeder vierten wurden pornografische Darstellungen gezeigt. Ebenso viele wurden gegen ihren Willen körperlich in sexueller Absicht berührt. Vier Prozent gaben an, vergewaltigt worden zu sein. Nach Ansicht der Forscher liege die Bundeswehr mit diesen Zahlen „unter den Werten für zivile Bereiche“ in Deutschland.
Fast 40 Prozent der Soldatinnen gaben an, es bedürfe zu ihrer Integration noch großer Anstrengung (2005 wurde die Frage nicht gestellt.) Der Anteil der männlichen Soldaten, die dieser Meinung sind, hat sich von 21,5 auf 47,9 Prozent mehr als verdoppelt.