Burkini-Urteil: Musliminnen müssen mitschwimmen
Leipzig - Das Bundesverwaltungsgericht hat einen Konflikt zwischen strenggläubigen muslimischen Familien und den Schulen grundsätzlich entschieden. Muslimischen Mädchen ist die Teilnahme am gemeinschaftlichen Schwimmunterricht mit Jungen zumutbar. Das Gericht in Leipzig urteilte am Mittwoch, ein Burkini, also ein Ganzkörperbadeanzug, sei eine angemessene Kompromisslösung. Der staatliche Bildungsauftrag und die vom Grundgesetz gewährte Religionsfreiheit blieben gleichermaßen gewahrt.
Eine 13-jährige muslimische Gymnasiastin aus Frankfurt am Main hatte sich 2011 geweigert, mit ihren Mitschülern am Schwimmunterricht teilzunehmen. Ihre Religion erlaube es nicht, gab sie zur Begründung an. Auch ein Burkini wollte das aus Marokko stammende Mädchen nicht tragen. Im anschließenden Rechtsstreit um den gemeinsamen Schwimmunterricht hatte der Hessische Verwaltungsgerichtshof der Schule bereits Recht gegeben und die Klage der Eltern abgewiesen.
Auch den Einwand, dem Mädchen sei der Anblick von männlichen Mitschülern in Badekleidung aus religiösen Gründen nicht zumutbar, ließen die Richter nicht gelten. „Das Grundrecht der Glaubensfreiheit vermittelt grundsätzlich keinen Anspruch darauf, im Rahmen der Schule nicht mit Verhaltensgewohnheiten Dritter – einschließlich solcher auf dem Gebiet der Bekleidung – konfrontiert zu werden, die außerhalb der Schule an vielen Orten bzw. zu bestimmten Jahreszeiten im Alltag verbreitet sind“, urteilten die Richter.
Vater will Urteil akzeptieren
Der Vater des Mädchens will das Urteil akzeptieren. In einem ähnlichen Fall hatte das Bundesverwaltungsgericht 1993 noch entschieden, dass eine Befreiung vom Schwimmunterricht möglich ist, wenn die Schule keinen nach Geschlechtern getrennten Schwimmunterricht anbieten kann.
Der gemeinsame Schwimmunterricht von Jungen und Mädchen sorgt immer wieder für Konflikte zwischen muslimischen Eltern und den Schulbehörden. Der Koran verbietet es Frauen und Mädchen, sich nur leicht bekleidet den Blicken anderer auszusetzen.
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, erklärte dagegen: „Aus unserer Sicht ist ein Ganzkörperbadeanzug islamisch angemessen und tragbar. Allerdings ist die Glaubens- und Gewissensfreiheit zu respektieren.“
Am Alltag in Berliner Schulen dürfte das Urteil wenig ändern. Die Schulverwaltung hat bereits 2010 eine Handreichung „Schule und Islam“ als Hilfestellung für Lehrer erarbeitet, darin wird betont, dass Sport- und Schwimmunterricht ein fester Bestandteil schulischer Ausbildung sind. „Auch der Islam ruft zur körperlichen Ertüchtigung auf, eine prinzipielle Verweigerung am Sport- und Schwimmunterricht nicht teilzunehmen, lässt sich aus religiöser Sicht nicht begründen“, heißt es in der Handreichung.
Das Problem der Klägerin, die nicht mit Jungen unterrichtet werden wollte, ist in Berlin eher selten, da Sport ab der Pubertät in der Regel getrennt unterrichtet werde – dies empfiehlt die Schulverwaltung, um Konflikte zu vermeiden. Mädchen sollen nur durch Lehrerinnen unterrichtet werden. Lehrer berichten, dass es zwar immer wieder vorkomme, dass Eltern ihre Töchter vom Schwimmunterricht befreien wollten, doch meist lasse sich dies im direkten Gespräch lösen.