Buzzern Sie mal!
"Der große Preis" feierte seine größten Erfolge zu Zeiten, als das "Buzzern" noch nicht erfunden war. "Buzzern" kommt vom englischen Verb "to buzz" - summen. Und statt wie einst Wim Thoelke die Gäste anzuweisen, die roten Knöpfe zu drücken, heißt es heute: "Buzzern Sie mal!" Auch sprach der Moderator seine Kandidaten früher selbstverständlich mit ihren Nachnamen an. Erwachsene Menschen wurden nicht dazu gezwungen, kindische Namenschildchen am Revers zu tragen, auf denen heute nun "Götz", "Ulrich" oder "Iris" steht. Und doch war "Der große Preis" bei seiner Premiere 1974 eine moderne Show. Die Multimedia-Wand, die den Punktestand elektronisch anzeigte, die gläsernen Ratekapseln waren der letzte Schrei. Die Kugeln gibt es auch 27 Jahre später noch.Aber der neue "Große Preis" hat sich auch angepasst. In den modernen Quizzeiten muss man nicht nur viel wissen, sondern schnell wissen. Deshalb werden alle drei Spielrunden mit Schnelligkeit entschieden. Der Münchner Straßenbahnfahrer Ulrich Schindler war der "Buzzer"-König des Abends. So schnell wie er war keiner der anderen Kandidaten. Iris Schweiger, die unbekannte Romanautorin, war dagegen der Publikumsliebling. Zwar waren ihre Antworten selten von großer Kenntnis beseelt, auch hatte sie ein wenig Mühe, die Logik der Ratewand zu begreifen - gerade das ständige Auf- und Ab ihres Kontostandes war das größte Amusement des Abends. Ausgerechnet der Spieleerfinder Götz hatte bei diesem Spiel keine Chance. Offenbar war der 71-Jährige beim "Buzzern" einfach nicht mehr "quick" genug, um sich beizeiten in die Antwort einzuschalten. Kam er mal zum Zuge, schlug die Nervosität alle Klugheit. Zusätzlich gedemütigt von dem Moderator Marco Schreyl, der Götz (Punktestand: null) drei Fragen vor Ende zurief: "Es ist nicht alles verloren" (Götz: "Aber bald"), schlich der alte Mann mit einem Jahreslos der Lotterie "Aktion Mensch" vom Platze.Abgesehen von diesem Lapsus, löste Schreyl seine Aufgabe aber gut. Er ist auf dem besten Wege, neben und nach Wim Thoelke seinen Platz in diesem Quiz zu finden. Sein einziges Problem ist das Tempo: Soll der neue "Große Preis" ein schnelles Spiel sein, dann müsste Schreyl mehr auf die Tube drücken. Seine Redaktion täte gut daran, in der Kandidatenauswahl mehr Gewicht auf Nervenstärke zu legen. Oder ist der "Große Preis" der "alte Preis"? Ein liebevoll arrangiertes Spiel für den scharf auf die Rente zugehenden durchschnittlichen ZDF-Zuschauer? Dann könnte Schreyl eine Spur einfühlsamer und bedächtiger werden. Die Kandidaten mehr mit ihrem Fachwissen statt mit dem "Dauer-Buzzerns" glänzen lassen. Tempo oder Weisheit? Beides wäre möglich, beides gleichzeitig geht nicht. Am Ende des Abends trug der Sieger Ulrich gut 28 000 Euro nach Hause. Soooo richtig "groß" ist der Preis im "Wer-wird-Millionär?"-Zeitalter nun auch nicht mehr. Dennoch hatte der Straßenbahnfahrer Glück: bei der Premiere des alten "Großen Preises" 1974 waren alle Kandidaten komplett leer ausgegangen.Der große preis. Donnerstag, 20. 15 Uhr, ZDF, Quizschow mit Marco Schreyl.