Chef der Bundesärztekammer Frank Ulrich Montgomery : Ärzte uneins über Sterbehilfe

Frank Ulrich Montgomery ist ein höflicher Mann mit untadeligen Manieren. Eigentlich. Am Freitag präsentierte sich der Chef der Bundesärztekammer eher als Flegel: Er redete, obwohl er gar nicht gefragt wurde, schnitt anderen das Wort ab, blaffte Journalisten an und warf ihnen vor, wieder einmal nichts zu begreifen.

Was war passiert? Montgomery ist ein strikter Gegner der Sterbehilfe durch Mediziner. Als sein Vorgänger Jörg-Dietrich Hoppe vor einigen Jahren laut darüber nachdachte, den Ärzten in dieser Frage mehr Freiheiten zu geben, schaffte es Montgomery, am Ende eine Verschärfung durchzusetzen. 2011 beschloss der Ärztetag eine Änderung der Berufsordnung, nach der es Medizinern verboten ist, Hilfe zur Selbsttötung zu leisten. Damit ist die Berufsordnung schärfer als das deutsche Strafrecht, in dem die Beihilfe zum Suizid nicht verboten ist.

Allerdings übernahmen nicht alle Landes-Ärztekammern diesen Passus. Sieben der 17 Kammern schrieben das Verbot nicht in ihre Berufsordnungen und beließen es bei der Feststellung, dass es Aufgabe der Ärzte sei, Leben zu erhalten. Zu diesen Abweichlern gehören unter anderem die Kammern in Berlin, Sachsen-Anhalt, Bayern und Baden-Württemberg. Brandenburg verankerte hingegen das Verbot.

Diese uneinheitliche Haltung wurde von den Anhängern einer liberalen Sterbehilfe-Regelung immer wieder als Beleg dafür angeführt, dass die Ärzteschaft in dieser Frage gespalten sei und dass es auch bei den Medizinern Gegner von Verboten gibt. Das passte nun wieder Montgomery gar nicht in den Plan.

Deshalb wurde am Freitag eine Pressekonferenz organisiert, bei der zwar fast alle Kammer-Präsidenten anwesend waren, aber lediglich als Staffage für einen Auftritt Montgomerys dienten. Fragen an sie, das stellte Montgomery klar, waren unerwünscht. Und dann erläuterte der Ärztepräsident zur Überraschung der Zuhörer, dass sich alle Kammern einig seien. Den von der Politik reklamierten „Flickenteppich“ gebe es gar nicht. Die Haltung aller Kammern sei „ebenso einheitlich wie eindeutig“. Für alle Ärzte gelte: „Sie sollen Hilfe beim Sterben leisten, aber nicht zum Sterben.“

Der Arzt sei auf keinen Fall dafür da, einem Suizidwilligen zu assistieren. Auf die Nachfrage, wer es denn sonst machen solle – der Klempner? – erwiderte Montgomery erregt: „Lassen Sie es doch den Klempner oder den Apotheker oder den Tierarzt machen, aber nicht eben den Arzt.“ An die Adresse der Politik sagte Montgomery, es sei keine gesetzliche Änderung nötig – außer einem Verbot der organisierten Sterbehilfe.

Einzelne Kammer-Präsidenten hatten in den vergangenen Monaten dafür plädiert, auch den Ärzten einen Handlungsspielraum einzuräumen. So argumentierte der Berliner Kammer-Chef Günther Jonitz, man dürfe die Ärzte nicht schlechter stellen als andere Bürger. In dem von Montgomery dominierten Pressekonferenz am Freitag wurden derartige Äußerungen nicht wiederholt. Dennoch wurde deutlich, dass weiterhin nicht alle Kammern Montgomery folgen. Als er doch noch reden durfte, sagte der baden-württembergische Kammer-Präsident Ulrich Clever etwas, was als Absage an eine strikte Linie verstanden werden kann: „Auch Ärzte sind Staatsbürger.“