Chef der Vereinigung 17. Juni im Hungerstreik am Bundesfinanzministerium: Bis die Fotos wieder hängen
Seit Montagmorgen hat Carl-Wolfgang Holzapfel nichts mehr gegessen. Rund um die Uhr liegt oder sitzt der 61-Jährige vor dem Finanzministerium an der Leipziger Straße Ecke Wilhelmstraße auf dem Boden und hungert. Er ist der Vorsitzende der Vereinigung 17. Juni und protestiert dagegen, dass die Fototafeln, die bisher an der Wand des Ministeriums an den Arbeiteraufstand erinnerten, nach einem Rechtsstreit am Montag abmontiert wurden. "Das offizielle Denkmal reicht nicht aus. Die Bilder müssen wieder ran. Die Menschen vermissen sie jetzt schon", sagt Holzapfel.Während er spricht, erzählt neben ihm ein Stadtführer einer Gruppe von der Geschichte des Ortes. Im Juni 1953 hatten die Menschen vor dem damaligen Haus der Ministerien der DDR gegen die Politik der Führung protestiert. "Hinter mir sehen Sie Bilder des Aufstandes," sagt der Stadtführer. "Wo denn?" fragt jemand. Der Stadtführer merkt erst jetzt, dass da kein Foto mehr hängt. Und ärgert sich.Solche Vorfälle bestärken Holzapfel in seinem Tun. Gestern ging es ihm körperlich gut. "Die Magenkrämpfe können aber bald losgehen," sagt er. Er kennt die Symptome. Immer wieder hat er seit dem Mauerbau mit Hungerstreiks gegen die Politik der Teilung und gegen politische Unfreiheit protestiert.Das Ministerium sorgt sich offenbar um den Streikenden. Er hat einen Hausausweis bekommen, damit er im Ministerium auf die Toilette gehen kann. Er sagt, sie hätten ihn von einem Arzt untersuchen lassen. Es käme sicher ungelegen. wenn in der Vorwahlkampfzeit einem Streikenden vor einem Bundesministerium etwas zustoßen würde. Holzapfel hatte auch Besuch von der Union, die sich im Bundestag bisher ohne Erfolg um den Verbleib der Fotos bemüht hatte. Frank Henkel, Generalsekretär der Berliner CDU, will Angela Merkel von dem Hungerstreik berichten.Sollte die Kanzlerin in spe oder der Noch-Finanzminister Hans Eichel zusagen, dass sie sich für die Fotos einsetzen wollen, würde Holzapfel den Streik abbrechen. Wenn nicht, wird weiter gehungert.------------------------------Foto: Er kämpft im Liegen: Seit Montagmorgen ist Carl-Wolfgang Holzapfel vor dem Finanzministerium im Hungerstreik.