Coffeeshop Kreuzberg Görlitzer Park: Legale Cannabis-Abgabe im öffentlichen Interesse

In Kreuzberg wird ein Tabubruch gewagt. Um den Drogenhandel im Görlitzer Park in den Griff zu bekommen, schlagen die Grünen die staatlich legalisierte Abgabe von Cannabis vor. In einem öffentlich betriebenen Ladengeschäft, einem sogenannten Coffeeshop, sollen die Droge kontrolliert verkauft und so der illegale Handel überflüssig gemacht werden.

Grundsätzlich sind in Deutschland Anbau und Verkauf von illegalen Drogen verboten. Seit 1994 wird der Besitz geringer Mengen von Cannabis aber nicht mehr strafrechtlich verfolgt. Wie viel eine geringe Menge ist, wird von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich beurteilt. In Berlin werden maximal 15 Gramm toleriert.

Das aber löst das Problem des illegalen Handels nicht, sagt die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann von den Grünen. Sie versucht ihr unkonventionelles Vorhaben zu erklären: „Es geht nicht um einen lustigen Coffeeshop. Der Begriff ist nur ein Synonym für eine andere Herangehensweise an den Umgang mit Dope.“

113 Razzien und kein Erfolg

Es gehe darum, den bislang freien, aber illegalen Handel staatlich zu kontrollieren. „Manchmal muss man Dinge akzeptieren, die man nicht gutheißt.“ So wie eben die Tatsache, dass Cannabis zur Alltagsdroge geworden sei – so wie es Alkohol und Zigaretten schon lange sind. Eine andere Herangehens-weise an das Drogenproblem sei auch deshalb nötig, weil sämtliche Versuche, den Handel im Görlitzer Park zu unterbinden, fehlgeschlagen seien.

Allein in den ersten neun Monaten gab es 113 Razzien im Park. Die Polizisten, so teilt die Innenverwaltung mit, überprüften dabei 984 Menschen, wegen Drogendelikten seien 310 Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Das alles habe aber nichts gebracht, Restriktionen führten nur zur Verdrängung der Szene, sagt Herrmann. „Es geht um die staatliche Kanalisation eines gesellschaftlichen Problems.“

Seit Jahren gilt der Görlitzer Park, der in den 1980er-Jahren auf einem ehemaligen Eisenbahngelände geschaffen wurde, als einer der größten Berliner Umschlagplätze für Cannabis. Doch während es an andern Orten wie in der Hasenheide oder an der Revaler Straße, wo sich die Clubgänger mit Partydrogen eindecken, vergleichsweise gesittet zugeht, hat sich das Problem im Görlitzer Park verschärft.

Bis zu hundert Händler – etliche von ihnen Schwarzafrikaner, die als Flüchtlinge nicht legal arbeiten dürfen – versorgen ihre Kundschaft. Diese kommt mittlerweile aus dem In- und Ausland angereist. Denn der „Görli“, wie der Park auch genannt wird, steht in etlichen Reiseführern als der Ort, an dem man alles bekommt.

Vor allem abends trauen sich viele Anwohner nicht mehr in die Grünanlage. „Vor allen Eingängen und auf den Wegen stehen die Verkäufer Spalier und bedrängen die Menschen teils sehr aggressiv. Das macht mir Angst“, sagt Katrin Bauer. So wie die 41-jährige Kreuzbergerin klagen viele, dass man sich nicht mehr unbelästigt im Park bewegen kann.

Den Staat nun selbst als Dealer zu installieren, wird allerdings bei der aktuellen Rechtslage schwierig. „Es gibt zwei Wege einer Entkriminalisierung“, sagt Monika Herrmann. Der erste sei die Änderung des Betäubungsmittelgesetzes, was aber derzeit politisch nicht durchsetzbar sei. „Der andere Weg ist der Paragraf 3 im Gesetz.“

Dieser Paragraf sieht eine Ausnahmegenehmigung vom Drogenverbot vor, „wenn ein wissenschaftlicher oder anderer Zweck, der im öffentlichen Interesse liegt, besteht.“ Mit diesem öffentlichen Interesse wollen die Kreuzberger ihren Antrag begründen. Im kommenden Jahr soll der Antrag an das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte geschickt werden.

„Keine harmlose Substanz“

Im Senat herrscht Skepsis darüber. Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) und die Drogenbeauftragte des Landes Christina Köhler-Azara lehnen die Idee eines Coffeeshops ab. Laut Köhler-Azara sind bislang alle Anträge auf Ausnahmen abgelehnt worden, weil hinter dem vermeintlich öffentlichen Interesse stets der Wunsch nach Änderung des Bundesgesetzes gestanden habe. „Cannabis ist keine harmlose Substanz, sondern birgt für viele, gerade junge Menschen erhebliche Gesundheitsrisiken“, sagt sie.

Gerade um die Gesundheit junger Menschen geht es auch Bezirksbürgermeisterin Herrmann, die zugleich Jugendstadträtin ist. „Wir wollen Verkaufsstellen, in denen medizinisch geschultes Personal einen Blick auf die Kunden hat, die älter sein müssen als 18 Jahre.“ Beim jetzigen Handel wisse niemand, mit welchen Substanzen die Droge gestreckt sei. Im kontrollierten Verkauf könne man darauf achten.

Am besten wäre es, wenn sich mehre Städte zu demselben Schritt zusammenschlössen. Denn bliebe es bei einem Laden in Berlin, „haben wir ganz Europa hier“.