Das Museum Berliner Arbeiterleben hatte gestern zum letzten Mal geöffnet: Auch der Plaste-Teller wird eingelagert

PRENZLAUER BERG Ab heute bleiben die Türen des Museums Berliner Arbeiterleben in der Husemannstraße 12 geschlossen. Die Ausstellung wird vorerst eingelagert. Ab 1996 soll sie im Märkischen Museum gezeigt werden.Das alte, schwarze Fahrrad, das an der Decke hängt, zieht die Aufmerksamkeit der Neunklässler auf sich. Während ihre Lehrerin von der Zeit um 1900 erzählt, betrachten die Schüler Stube, Kammer und Küche einer Arbeiterfamilie von vor 95 Jahren.Haidi Gottschalk, Geschichts- und Deutschlehrerin an der 2. Hauptschule in Hellersdorf, hat noch einmal die Chance genutzt, ihre Klasse in das Museum in der Husemannstraße 12 zu führen. Denn ab heute ist das 1987 entstandene Museum geschlossen. Die Senatskulturverwaltung könne die Miete für die etwa 200 Quadratmeter nicht mehr bezahlen, so Sprecher Ingolf Kern. Und die betrage 121 600 Mark inklusive Betriebskosten jährlich. Das Museum Berliner Arbeiterleben zeigte bis gestern neben der Arbeiterwohnung um 1900 auch eine Ausstellung zum Thema Brigadetagebücher 1960 bis 1990. Diese Ausstellung soll bis auf weiteres eingelagert werden. In die Räume, durch einen Hausflur von der Arbeiterwohnung getrennt, soll eine Seniorenfreizeitstätte des Bezirks Prenzlauer Berg einziehen. "Die Senioren werden dann die Führungen durch Stube, Küche und Kammer übernehmen", so Museumsleiter Tobias Böhm.Mit der Ausstellung verschwindet auch ein Plakat, das stolz verkündet: "Der polytechnische Unterricht erweckt die Liebe zur sozialistischen Arbeit " Auch der beliebte Dreinapf-Teller aus Plaste, zu DDR-Zeiten in jeder Kantine zu finden, wird nicht mehr zu sehen sein.Die Lehrerin aus Hellersdorf findet es schade um das Museum: "Gerade für solche Schüler, mit denen ich hier bin, ist Unterricht pur sehr anstrengend. Das hier ist Lehrstoff zum Anfassen." Ihre Schüler finden besonders die Arbeiterwohnung interessant. Etwa 900 Besucher kamen monatlich in das Museum im Prenzlauer Berg, darunter viele Touristen aus West- und Nordeuropa, berichtet Böhm. Auch viele Berliner Klassen hätten sich zu Führungen angemeldet. Bis zum 30. Juni gilt noch der Mietvertrag für das Museum. Bis dahin muß die Ausstellung abgebaut sein. Dennoch gibt es eine Hoffnung. Ab dem kommenden Jahr soll die Ausstellung im Märkischen Museum wieder zu sehen sein. Die Mitarbeiter, alle Angestellte der Senatskulturverwaltung, haben bereits eine neue Aufgabe: Sie bereiten eine Ausstellung über die Berliner Werkzeugmaschinenfabrik vor.