Der Berliner Unternehmer Michael Zehden betreibt ehemalige FDGB-Ferienheime als Billighotels: Nicht nur für Ostalgiker

Herr Zehden, Billighotels haben in den vergangenen Jahren einen massiven Boom erlebt. Darum präsentiert die diesjährige Internationale Tourismusbörse ITB in Berlin dieses Segment erstmals in einer eigenen Halle. Warum setzen auch Sie auf diesen Trend?Viele Touristen, insbesondere junge Leute, bevorzugen auf ihren Reisen immer häufiger preiswerte Unterkünfte. Das ist ein globaler Reisetrend, den wir schon frühzeitig erkannt hatten. Vieles wird teurer. Deshalb wollen die Leute sparen und möglichst günstig Urlaub machen. Daher konzentrieren wir uns auf das Segment von Zwei-Sterne- bis Vier-Sterne-Hotels. Für die Zukunft sehen wir weiteres Potenzial in diesem Segment.In welchen Regionen investiert Albeck & Zehden?Unsere Kette umfasst derzeit elf Hotels. Darunter sind Häuser in Berlin, Leipzig und Merseburg, plus eines in Virginia in den USA. Diese werden innerhalb eines Franchise-Systems geführt wie Crowne Plaza, Holiday Inn oder Best Western. Zu unserer Gruppe gehören aber auch die A-Z-Wohlfühlhotels. Unter diesem Namen betreiben wir vier ehemalige FDGB-Ferienheime.Warum investieren Sie ausgerechnet in ehemalige FDGB-Ferienheime, das scheint auf den ersten Blick ziemlich riskant?Es gab natürlich viele, die diese Investition für verrückt gehalten haben - sogar innerhalb der eigenen Firma. Trotzdem konnten wir die Zweifler überzeugen, denn der Erfolg gibt uns Recht. Wir erzielten im vergangenen Jahr einen Umsatz von 55 Millionen Euro bei einer durchschnittlichen Auslastung von 66 Prozent. Billighotels werden derzeit an vielen Orten in Deutschland neu gebaut. Wir dagegen haben die entsprechenden Immobilien schon.Diese Hotels gehören sicher nicht gerade zu den bevorzugten Foto-Motiven Ihrer Gäste.Das stimmt. Die Plattenbauten mit teilweise mehr als 1 000 Betten sind mittlerweile zwischen 20 und 30 Jahre alt. Heute würde niemand mehr eine Baugenehmigung allein schon aus Umweltschutzgründen an diesen Standorten für Häuser in dieser Größenordnung erteilen.Und was hat Sie daran gereizt?Der Vorteil ist, dass sich all diese Häuser an den schönsten Plätzen Ostdeutschlands mitten in der Natur befinden. Ob im Wintersportort Oberwiesenthal im Erzgebirge, mitten im Thüringer Wald oder direkt am Lübbesee in Brandenburg. 2003 waren diese Häuser günstig zu erwerben. Außerdem waren all diese Standorte bereits zu DDR-Zeiten bekannte und eingeführte Hotel-Orte. Zudem handelt es sich bei den Standorten um die größten Hotels in den jeweiligen Bundesländern. Das Seehotel in Templin ist das größte Hotel in Brandenburg, das Hotel am Fichtelberg ist das größte in Sachsen oder das Berghotel in Friedrichroda ist das größte in Thüringen. Diese Superlative haben mich gereizt, diese Häuser wieder mit neuem Leben zu füllen. Außerdem ist Urlaub in Deutschland absolut in.Aber so, wie die FDGB-Heime waren, konnten Sie sie doch nicht betreiben?Mehrere Millionen Euro sind bereits in die Modernisierung geflossen. Es mussten neue Fahrstühle und Haustechnik installiert oder der Brandschutz verbessert werden. Zudem haben wir die Zimmer vergrößert und die Zahl der Betten reduziert. Diese Häuser sind immens groß mit sehr vielen Nebenflächen. So gab es dort früher in jedem Gebäude eine hauseigene Bäckerei. Aber wir arbeiten uns langsam von Innen nach Außen. Und erst zum Schluss kommen die Fassaden dran.Viele Menschen im Osten Deutschlands haben in den letzten Jahren ihre Heimat verlassen. Finden Sie denn genügend Arbeitskräfte?Das ist in der Tat ein Problem. Es ist sehr schwer, gutes Personal in diesen Regionen zu bekommen. Viele junge Menschen haben ihr Glück woanders gesucht und Städte wie Templin verlassen. Fachkräfte aus München, Frankfurt am Main oder Berlin wollen leider nur in seltenen Fällen in Regionen wie im Thüringer Wald oder Erzgebirge arbeiten. Daher bilden wir nun auch selbst aus und versuchen damit insbesondere weggezogene Jugendliche wieder für ihre Heimatregion zu begeistern und ihnen eine Perspektive zu geben.Welche Klientel wollen Sie als Gäste ansprechen? Menschen, die die Vergangenheit nochmals aufleben lassen möchten?Nein, auf gar keinen Fall. Natürlich kommen zu uns auch Ostalgiker, die sich an frühere Zeiten erinnern wollen.Können Sie denn auch neue Kunden von Ihrem Konzept überzeugen?Ja, selbstverständlich, es gibt viele neue Gäste, die wir überzeugen konnten. Uns buchen etwa eine Million Gäste im Jahr. Die Leute kommen zu uns wegen der schönen Umgebung und weil sie bei uns trotz niedriger Preise einen guten Service bekommen ...... mit Mini-Bar und Zimmerservice?Nein, das nicht, dafür bieten wir moderne Sauna-Landschaften, Wellness-Angebote oder ein reichhaltiges Frühstücks- und Abendbüffet mit Bio- und Vitalprodukten. Damit entschädigen wir unsere Gäste innerhalb weniger Minuten für das graue Äußere der Gebäude.Gespräch: Matthias Schäfer------------------------------Zur PersonFoto: Michael Zehden lernte Groß- und Außenhandelskaufmann in Hamburg und übernahm danach die Firma seines Vaters. 1980 zog er nach Berlin und gründete die Firma Albeck & Zehden. Seit 2003 gehören zu der Hotelkette mit insgesamt elf Häusern auch ehemalige FDGB-Ferienheime im Osten Deutschlands. Das Unternehmen hat 683 Beschäftigte.------------------------------Foto: Vor allem äußerlich versprüht das Seehotel Templin noch "DDR-Charme".