Der bockige Norden
Niemand kann dem SPD-Bundesvorsitzenden ernstlich vorwerfen, er mühe sich nicht um Ordnung in der Riege der Seinen. Niemand kann aber auch behaupten, er tue dies mit sonderlichem Erfolg: Der Norden bockt.Wen Mecklenburg-VOrpOmmernS SPD-Chef Rlngstorff und sein Parteirat am Wochenende vorgeführt haben, war jedenfalls -- niemand anderes als Rudolf Scharping. Hatte der neue oppositionsführer im Bundestag -- bestärkt von erfahrenen Freunden wie Johannes Rau -- bislang forsch den Eindruck erweckt, er habe alles fest im Griff und Ringstorff sozusagen im Schnellverfahren das Techtelmechtel mit der PDS verboten, muß er nun erleben, daß sein sturer Nord-Ossi sich nicht beirren und schon gar nicht an die Kandare nehmen läßt.Ringstorif will weiter auf beiden Klavieren spielen -- und sei es nur, um der herrischen Bonner Zentrale gegenüber das Gesicht zu wahren. Also hält er sich offiziell sowohl die Option einer von der PDS tolerierten Minderheitsregierung als auch die der Großen Koalition mit der CDU offen.Das ist ein bemerkenswertes Lehrstück. Erstens belegt es, daß auch Sozialdemokraten aus dem Westen nicht davor gefeit sind, in östliche Fettnäpfchen zu treten. Zweitens weist es nach, daß Präzedenzfälle noch allemal zur Nachahmung geschaffen sind: Wieso eigentlich soll für Ringstorff nicht richtig sein, was noch vor einem halben Jahr in Magdeburg (wenn auch bei geringfügig anderer Ausgangslage) für Höppner als gut befunden worden war, Und drittens bietet Scharpings Haltung keinerlei sachliche Hinweise darauf, wie mit der parlamentarischen Kraft PDS generell umzugehen ist. Klar scheint nur, daß die Bonner SPD-Führung sie (noch?) nicht fürbündnisfähig hält. Ist das innerhalb der Gesamt-SPD noch konsensfähig?Es würde auf jeden Fall der politischet¶ Wahrhaftigkeit und Klarheit dienen, wenn über die Frage, wie man es mit der PDS nun wirklich halte, flächendeckend Einigkeit hergestellt würde; sie wird schmerzlich vermißt. Schön, wenn es auch eine Antwort darauf gäbe, welche Möglichkeiten zum politischen Wechsel sich in den neuen Ländern solcherart noch bieten. Wie s aussieht haben Große Koalitionen mangels anderer Masse derzeit Hochkonjunktur. Nicht sehr erhebend, aber nicht zu ändern.