Der Glaube an das Papier

Im Grunde ist der Deutsche ein fortschrittlicher Zeitgenosse. Nur mit Veränderungen tut er sich schwer. Besonders wenn s ums liebe Geld geht. Kein Wunder, daß ihm die Vorteile des Euro nicht in den Kopf wollen. Schon die Einführung von Schecks und Kreditkarten war ihm nicht geheuer. Seine Skepsis gegenüber der monetären Modernisierung hat Tradition. Sie reicht zurück bis zur Gründung der ersten deutschen Notenbank anno 1765, die furchtbar in die Hose ging, weil niemand das dort gemachte Geld haben wollte. Der erste Chef der "Zettelbank" war Graf von Reuß, der freimütig zugab, nicht die ,allergeringste Ahnung von der Sache zu haben. Trotzdem glaubte Friedrich der Große, daß die Zettelbank der Schlüssel zu Wohlstand und Wachstum sei. Schließlich wurde Papiergeld schon fast in ganz Europa rege genutzt. Nur die Deutschen konnten sich nicht vorstellen, daß Geld etwas taugt, wenn es nicht aus Gold oder Silber war Friedrichs Zettel galten als "Papierpest", Goethe verspottet sie als teuflische Denkgeburt. Erst achtzig Jahre später faßten die Zettel heute sagt man Banknoten dazu auch in deutschen Landen langsam Fuß. Bis zum ersten Weltkrieg handelte es sich aber nur um "unechtes" Papiergeld, da es jederzeit in Gold umgetauscht werden konnte. Doch dann erkannten selbst die Deutschen, daß der Geldverkehr auch ohne Golddeckung gut funktioniert. Wichtig ist nur, daß möglichst viele daran glauben, daß ein 100-Mark-Schein auch 100 Mark wert ist. Wer dies nicht glaubt, der muß sehen, wo er bleibt. So wie der Amerikaner Warren Buffett, der obwohl kein Deutscher ungedeckte Banknoten ebenfalls verabscheut. Von seinem Vater Howard hatte er gelernt, daß "jedes Papiergeldsystem im wirtschaftlichen und politischen Chaos" enden muß. Schon weil dann die Staatsschulden derart aus dem Ruder liefen, daß eine ordentliche Politik nicht möglich sei. Um dem Chaos zu entgehen, nahm Warren 1956 seine Ersparnisse rund 15 000 Dollar und steckte sie in ,solide Aktien. Heute gehört er zu den reichsten Menschen der Welt.