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So verständlich die Haltung der Bundestagsabgeordneten aus Nordrhein-Westfalen ist, auf das Berlin-Bonn-Gesetz von 1994 zu pochen, so überholt ist die Vereinbarung, Deutschland solle von Berlin und Bonn aus regiert werden. Allein schon ein Blick in die heikle Genese dieses Gesetzes offenbart, dass es an der Zeit ist, die Regierung komplett an die Spree zu verlegen.In den frühen 90er-Jahren herrschte die Sorge, das wiedervereinigte Deutschland könnte zentralistisch regiert werden, mit einer dominanten Hauptstadt Berlin, während das ewige Provisorium am Rhein in einen Dornröschenschlaf verfiele. So nachvollziehbar die Sorge damals gewesen sein mag, als so überflüssig erweist sie sich heute. Bonn prosperiert. Die Telekom, die Post und zahlreiche andere Großunternehmen haben sich am Rhein angesiedelt, die Vereinten Nationen mit einigen Institutionen sind in der Stadt präsent, das kulturelle Leben der Bundesstadt Bonn blüht.Zugleich bleibt die Bundesrepublik auch im Jahr 21 der Einheit ein föderaler Rechtsstaat mit selbstbewussten Ländern und einer Hauptstadt, die arm ist, sich sexy fühlt, aber alles andere als dominant agiert. Bonn kann sich den Abzug der Bundesbeamten leisten, die Bundesrepublik kann sich Berlin als alleinigen Regierungssitz leisten - und die Bundesregierung würde beweisen, dass Politik lernfähig ist. Das wäre keine schlechte Erkenntnis in diesen Tagen.