Der Schauspieler Jürgen Rothert hat sich das Leben genommen: Unauffällig gegangen

Dass die traurige Nachricht erst heute an die Öffentlichkeit dringt, gehört mit zur Geschichte: Im Oktober hat sich der Schauspieler Jürgen Rothert im Alter von 71 Jahren erschossen. Dies bestätigte die Volksbühne auf Nachfrage. Die Motive für den Freitod sind in einer schweren Krankheit zu vermuten, die Rothert zum Pflegefall gemacht hätte. Er hat seinen Tod lange vorbereitet. Er wollte so unauffällig wie möglich gehen, seine Beisetzung fand im engen Kreis statt; eine Violine spielte, Reden sollten nicht gehalten werden. Anwesend waren auch Volksbühnenintendant Frank Castorf und der Kulturstaatssekretär André Schmitz, der früher einmal Verwaltungsdirektor der Volksbühne war, an der Rothert seit 1975 engagiert war. Nun liegt er auf eigenen Wunsch in einem anonymen Grab in Köpenick.Seine größte Zeit hatte Rothert kurz vor der Wende, als er in den Inszenierungen des Regisseurs und damaligen Oberspielleiters der Volksbühne, Siegfried Höchst, spielte, zum Beispiel in der "Optimistischen Tragödie" (1987) oder in "Schluck und Jau" (1989). Rothert war einer derjenigen, die bei Frank Castorfs Antritt nicht entlassen werden konnten, weil er nach fünfzehn Jahren des Engagements Kündigungsschutz genoss. Diesem glücklichen Umstand verdanken sich ein paar kleine, aber unvergessliche Auftritte Rotherts in Castorf- und Marthaler-Inszenierungen.So spielte er den Weber Baumert in Castorfs "Weber"-Inszenierung - einen neudeutschen Patrioten, der sich in die schwarz-rot-goldene Unterhose macht, einerseits weil er sich über eine gewonnene Mallorca-Reise freut, andererseits weil er als armer, magerer Prolet ein Fleischgericht nicht verträgt. Er vollbrachte das Kunststück, auch eine solche Figur nicht zu denunzieren, sondern einen König Lear in ihr aufscheinen zu lassen.Zu den liebsten, nun auch traurigen Erinnerungen gehört das alternde Komödiantenpaar, das er zusammen mit seiner Lebensgefährtin Susanne Düllmann in Marthalers "Die zehn Gebote" spielte. Dem leidmütigen Komödianten war das Publikum abhanden gekommen. Nun ist es umgekehrt.------------------------------Foto: Jürgen Rothert (1936 - 2007). Hier als Trufaldino in Schwerin.