Deutsch-Dänische Zeitungskooperation mit historischer Dimension
Flensburg. Deutsche und dänische Zeitungen gehen eine bisher einmalige grenzüberschreitende Zusammenarbeit ein. Der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag (u.a. «Flensburger Tageblatt», «Schleswig-Holsteinische Landeszeitung»), «Jydske Vestkysten», «Flensborg Avis» und «Der Nordschleswiger», die Zeitung der deutschen Minderheit in Dänemark, gründen eine Redaktionsgemeinschaft. Sie tauschen künftig tagesaktuell Texte und Fotos aus. Ihr Projekt «Unter Nachbarn» stellten die Chefredakteure am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Flensburg vor.
Ziel sei es, die Identität und das Profil der Blätter zu stärken. Ihre Eigenständigkeit und der journalistische Wettbewerb sollen erhalten bleiben. Die technische Austauschplattform stellt die Deutsche Presse-Agentur dpa bereit. Die Kooperation hat historische Dimension, waren die Zeitungen doch einst «Kampfblätter» für die deutsche und dänische Seite. Ihre Gründung reicht zum Teil bis zum Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 zurück.
Die Kooperation werde durch ein besseres Verständnis für die Geschehnisse in beiden Ländern das Miteinander fördern und könne Vorbild sein für andere Grenzregionen im zusammenwachsenden Europa, sagte der Sprecher der Chefredakteure der medien holding:nord, Stephan Richter. «Wir glauben, es ist ein Meilenstein in der Pressegeschichte des Grenzlandes.»
Die Geschichte müsse respektiert werden, sagte Chefredakteur Peter Orry Jensen von «Jydske Vestkysten», der größten Zeitung in Süddänemark mit 180 000 Lesern. Jetzt sei aber die Zukunft wichtiger. «Jydske Vestkysten» will vom kommenden Dienstag an täglich in seinen vier südjütländischen Lokalausgaben auf einer Seite aus Norddeutschland berichten. Die Geschichte dürfe nicht daran hindern, zusammen für eine bessere Zukunft zu arbeiten, sagte sh:z-Chefredakteur Helge Matthiesen.
Bjarne Lønborg von «Flensborg Avis» räumte ein, die Zusammenarbeit sei in Teilen der deutsch-dänischen Öffentlichkeit mit Verwunderung aufgenommen worden. Dann hätten die Rückmeldungen aber schnell gezeigt, dass die Beteiligten richtig liegen. Siegfried Matlok vom «Nordschleswiger» betonte, seine Zeitung habe sich immer als Brückenbauer verstanden, auch durch enge redaktionelle und technische Zusammenarbeit mit dem sh:z. Die Redaktionsgemeinschaft sei ein Signal an die Leser, dass die Beteiligten die Region gemeinsam kulturell und wirtschaftlich voranbringen wollen.
Ganz bewusst hielten die Medienhäuser ihre Pressekonferenz am 149. Jahrestag der Schlacht um die Düppeler Schanzen ab - einem blutigen Symbol langer feindseliger Auseinandersetzungen zwischen Deutschen und Dänen. Am 18. April 1864 erstürmten preußische Truppen die dänische Festungsanlage bei Sønderborg an der Flensburger Förde. 1700 Tote und Verwundete gab es bei den Dänen, 1200 bei den Preußen.
Auch Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) erklärte in einem Grußwort, die Gründung der Redaktionsgemeinschaft sei ein historisches Ereignis für die Region. Die Tagespresse habe in früheren Zeiten dazu beigetragen, Gräben zwischen Deutschen und Dänen zu schaffen und zu zementieren. Von einem historischen Tag und einem faszinierenden Projekt sprach auch Ex-Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU). Er stellte auf der Pressekonferenz die Frage, warum Deutschland, Dänemark und Polen nicht eine gemeinsame Ostseeflotte bilden. «Die Bedrohungslage ist für alle gemeinsam», sagte Rühe.
«Noch vor wenigen Jahrzehnten, Ältere erinnern es, bildeten die Zeitungen publizistische nationale Frontlinien», sagte der Historiker Prof. Uwe Danker der dpa zu dem deutsch-dänischen Zeitungsprojekt. «Es ist deshalb wirklich ein historisches Symbol, wenn heute die vier wichtigsten Zeitungen im deutsch-dänischen Grenzraum eine Redaktionsgemeinschaft bilden.» (dpa/lno)