Die erste Theatersport-WM hat ihr Finale im Theater am Kurfürstendamm: Sport ohne Schmerzen

Belgien und Kanada sind Weltmeister, bei einem Spielstand von 27:27 endete das Match. Deutschland ist schon in der Vorrunde ausgeschieden. Babylonisches Stimmengewirr am Eingang, die Fans kennen sich, sie kommen aus Göttingen, Mannheim, Kolumbien und Neuseeland. Zweifellos handelt es sich um ein Großereignis. Die Fußball-WM kann es trotz aller Omnipräsenz nicht sein, denn die Genannten haben sich, abgesehen vom Gastgeber Deutschland, allesamt nicht qualifiziert.Theatersport ist das Zauberwort, und das Finale der ersten WM in dieser Disziplin findet in Berlin im Theater am Kurfürstendamm statt. Im Rahmen des Kunst- und Kulturprogramms zur Fußball-WM hatte Deutschland 16 Impro-Theatergruppen aus aller Welt in 19 deutsche Städte eingeladen. Als Variante des Improvisationstheaters gibt es Theatersport seit den 70er Jahren. Zwei Teams mit je drei Spielern treten gegeneinander an und zeigen kurze Szenen innerhalb festgelegter Regeln.Sechs Runden haben Belgier und Kanadier zu absolvieren, die Bühne ist ein Fußballfeld, mit Kunstrasen, Flutlicht und Wertungstafel. Dazu ein Musiker am Keyboard und ein Schiedsrichter. Dritter Mitspieler ist das Publikum, es kennt seine Rolle ziemlich genau und entscheidet nach jeder Runde auch über die Punktewertung.Für das erste Spiel wird ein Gegenstand gefordert, sofort segelt eine Flip-Flop-Sandale auf die Bühne. In den kurzen Szenen, die beide Gruppen gemeinsam im fliegenden Wechsel improvisieren, wandelt sich die Sandale von einem Käsesandwich in ein Surfboard, dann in ein Kind, in einen Spiegel und schließlich in ein Kreuz, mit dem ein kanadischer Spieler sein belgisches Gegenüber segnet. In anderen Spielformen improvisieren beide Gruppen getrennt voneinander. So spielen etwa die Kanadier mit den vom Publikum vorgeschlagenen Tieren Giraffe, Qualle und Maus eine Tierfabel - die der Fabel zugrundeliegende Menschheitsfrage liefern die Zuschauer gleich mit: "Warum regnet es?"Auf englisch, ein bisschen deutsch und vor allem mit Mimik, Gestik und Geräuschen improvisieren die Teams ein Bollywood-Musical oder ein modernes Ballett. Mit Theater hat das nicht viel zu tun, Theatersport ist eher Stand up Comedy mit Regeln, Commedia dell' arte im neuen Korsett. Lustig wird es, wenn komödiantische Anarchie die strengen Vorgaben durchbricht, wenn die Qualle so absurd mit den Armen wedelt, dass die Giraffe kaum mehr dazu kommt, sich der Regenfrage zu widmen. Eigentlich müsste der Schiedsrichter allzu dadaistische Auswüchse als Foul pfeifen, doch zum Glück ist er nicht so streng. Am Ende gibt es Elfmeterschießen: Beide Gruppen spielen zusammen eine Reizwortgeschichte, und wer dabei einen großen Lacher bekommt, fliegt paradoxerweise raus. Binnen Minuten schlägt jeder Ansatz von Ernsthaftigkeit fehl, das Publikum brüllt vor Lachen, alle werden disqualifiziert und es gibt zwei Weltmeister.