"Die Ex bin ich" - Regisseurin Katrin Rothe reist mit Spielfilmdebüt in ihre Hausbesetzerzeit zurück: Nicht nur Steinewerfer und Autoanzünder

Im Viertel um die Kastanienallee in Prenzlauer Berg schließt sich ein Kreis: Hier hat Katrin Rothe Anfang der 90er-Jahre in besetzten Häusern gelebt, hier drehte sie voriges Jahr ihr Spielfilmdebüt - nun wird "Die Ex bin ich" erstmals vorgeführt, in der Volksbühne im Prater.Der Film spielt nach der Wiedervereinigung, als sich die Wege der Besetzer nach der Räumung der Mainzer Straße teilten. Die einen schlossen Verträge ab, andere stiegen aus oder radikalisierten sich. Katrin Rothe kennt diese Zeit aus eigenem Erleben. Die Thüringerin war kurz nach der Wende nach Berlin gekommen. Sie studierte visuelle Kommunikation und machte sich einen Namen mit der Verbindung von Trickfilm und Dokumentation. Für die ZDF-Serie "Stellmichein" bekam sie den Grimme-Preis.Auch in ihrem Spielfilmdebüt setzt sie Trickfilm ein. Hausbesetzer Bert spricht als Comicfigur aus dem Jenseits: Er hatte sich vor einen Zug geworfen. Nach seinem Tod lernen sich drei Ex-Freundinnen kennen, finden beim Streit um Berts Erbe zueinander und trennen sich wieder. Die Figur der Anne (Maria Kwiatkowsky) weist Parallelen zur Regisseurin auf: Auch sie zieht aus, um sich der Kunst widmen zu können.Mit ihrem Film, den das ZDF produzierte, will Katrin Rothe eine Innensicht einer Szene zeigen, die oft auf Gewalttäter reduziert wird. "Alternative sind doch nicht nur Hundepunks, Steinewerfer und Autoanzünder - es gibt eine große Vielfalt an Lebensentwürfen", sagt sie. Für Jüngere ist die Hausbesetzerzeit schon ferne Vergangenheit. Als sie ihre Hauptdarstellerin Friederike Kempter ("Tatort") durch ein Wohnprojekt führte, war die 30-Jährige vor allem geschockt davon, dass die Bewohner ihre Zimmer im Urlaub "freimelden" mussten, damit Gäste einquartiert werden können.Beim Schreiben des Drehbuchs suchte Katrin Rothe lange nach Wegen, um ihre Figuren sympathisch wirken zu lassen, ohne sie zu glorifizieren. Und auch um Ost-West-Konflikte ging es ihr. "Wir Ostler waren viel zu naiv", sagt sie heute. Insgesamt ist es wohl ein Film zwischen allen Stühlen geworden: Dem einen wird der Umgang mit der Szene nicht kritisch genug sein - für andere viel zu kritisch.Bei der Premiere will Katrin Rothe nicht nur zurückblicken, sondern mit Ex-Hausbesetzern wie dem Soziologen Andrej Holm diskutieren. Für sie ist es normal, dass sich Viertel entwickeln und die Jüngeren neue Quartiere entdecken. Sie selbst sieht sich als "Wochenendhippie", fährt mit ihren beiden Kindern gern im Campingbus aufs Land. Beruflich war sie gerade in Polen, drehte mit Kurt Krömer und Steffen Möller eine Reisedokumentation. Den 20. Jahrestag der Räumung der Mainzer Straße nächstes Jahr würde sie gerne aufarbeiten - noch wird ein Auftraggeber gesucht.Premiere: Heute, 20 Uhr, Volksbühne im Prater, danach Diskussion. TV: 19. Oktober, 0.40 Uhr, ZDF.------------------------------Foto: Katrin Rothe in einem Hinterhof eines ehemals besetzten Hauses in der Kastanienallee. Dort hat die 38-jährige Grimmepreisträgerin eine Zeit lang gewohnt.