Die Kanzlerin in Kiew: Merkels heikle Reise

Angela Merkel tritt am Sonnabend eine heikle Reise an, wenn sie sich auf den Weg nach Kiew macht. Sie hat die Einladung des Präsidenten Petro Poroschenko erst nach einigem Zögern angenommen, denn trotz aller Solidarität und Sympathie mit der ukrainischen Führung darf die Kanzlerin sich nicht zur Partei im Konflikt mit Russland machen lassen. Sonst würde sie Deutschlands Rolle als wichtigster Vermittler in dieser Krise aufs Spiel setzen, der sowohl in Kiew als auch in Moskau Gehör findet und derzeit offenbar allein in der Lage ist, die Kontrahenten noch an einen Tisch zu bringen.

Sollten Poroschenko und seine Leute also auf die Idee kommen, Merkel wieder mit der Forderung nach Waffenlieferungen oder sonstiger logistischer Unterstützung ihrer Armee zu konfrontieren, werden sie sich eine Ablehnung einhandeln – oder Merkels Außenminister Steinmeier könnte seine Bemühungen, den Konflikt zwischen der Ukraine und Russland doch noch irgendwie einzuhegen, umgehend einstellen. Sollte die Kanzlerin aber nun von der Telefon- zur Reisediplomatie übergehen, läge nach den Besuchen in Riga und Kiew das nächste Ziel nahe: Moskau. Die Bundesregierung zeigt in diesen Wochen jenseits aller aufgeregter Debatten über Waffenlieferungen und Militäreinsätze, was unter der Übernahme größerer internationaler Verantwortung auch zu verstehen ist: Diplomatische Führung und Krisenmanagement.