Die Marke Militär: Hollywood und das Pentagon pflegen jetzt gute Beziehungen: Rüstungsschau im Multiplex

In "Transformers - Die Rache" gibt es mitten im grellbunten Chaos des Spektakels eine kleine Nebenhandlung. Ein nervöser Bürokrat will den US-amerikanischen und britischen Profi-Militärs in die Weltrettungsarbeit reinreden: Die Zusammenarbeit mit den außerirdischen Autobots müsse beendet werden; Präsident Obama setze in der Auseinandersetzung mit deren finstren Decepticon-Gegenspielern auf eine diplomatische Lösung. Das lässt sich die "geheime, aber mutige Gruppe von Soldaten" (O-Ton) natürlich nicht gefallen: Auf dem Weg in die Schlacht werfen sie ihre zivile Aufsichtsperson irgendwo über Nahost am Fallschirm aus dem Flugzeug. In Michael Bays Filmen hat das Militär immer das letzte Wort.Nicht nur auf der Leinwand. Bay versteht sich bestens mit dem US-Verteidigungsministerium, seine Filme entstehen fast immer in Zusammenarbeit mit dem Pentagon, dafür ändert Bay auch gern Drehbücher. Das war nicht immer so: Bays früher Action-Reißer "The Rock" (1996) wurde wegen der Idee eines wahnsinnig geworden US-Generals (Ed Harris), der San Francisco mit Chemiewaffen bedroht, vom Pentagon noch als "unrealistisch" abgelehnt.In der Zusammenarbeit zwischen Hollywood und dem US-amerikanischen Verteidigungsministerium ist "Realismus" indes sehr dehnbar und fast ein Kampfbegriff. Filmemacher reizt das Militär als System und Kulisse, Konflikte in den Kasernen und an der Front bieten gutes Kino-Material. Der Zutritt zu Anlagen der Streitkräfte, Bereitstellung von militärischer Hardware oder professioneller Beratung senkt die Filmproduktionskosten nicht unerheblich und schafft Authentizität. Doch das Pentagon ist sehr wählerisch und die Liste der Filme, die ohne offizielle Unterstützung entstehen mussten, lang: Dass weder Francis Ford Coppolas "Apocalypse Now" (1979) noch Oliver Stones Vietnam-Filme oder Tim Burtons "Mars Attacks!" (1996) für das Pentagon förderungswürdig waren, scheint indes nachvollziehbar: Die Kriegserfahrung als Horror-Trip, die verantwortlichen Offiziere inkompetent - das ist nicht das Bild, dass man verbreiten möchte.Krieg darf durchaus die Hölle sein, solange nicht am PR-Wert hoch spezialisierter, opferbereiter Krieger gerüttelt wird. Roger Donaldsons Skizze der Kuba-Krise, "Thirteen Days" (2000), musste so auf Pentagon-Unterstützung verzichten, weil die führenden US-Militärs in Präsident Kennedys Umfeld dort als Säbelrassler und Kriegstreiber auftauchen, auch wenn es den historischen Fakten entspricht.Beim Pentagon koordiniert Philip M. Strub als "Special Assistant for Entertainment Media" die Zusammenarbeit mit Hollywood. Strub sorgt seit 1989 für Beratung und Unterstützung von Filmemachern und Projekten, in vielen Abspännen wird ihm gedankt. Aber Strub kümmert sich nicht nur um amtlichen Papierkram, er macht auch Vorschläge, wie der Film "authentischer" und die militärische Unterstützung umfassender sein kann. Bei "Der Schakal" (1998) von Michael Caton-Jones wurden Präzisionsschützen der Marines eingesetzt: für das Finale von "Jurassic Park III" (2001) konnte man auf Hubschrauber, Landungsfahrzeuge und Soldaten zurückgreifen.Überhaupt stellt man sich im Pentagon heute am liebsten den fantastischen Bedrohungen. Auch wenn, anders als bei "Top Gun"-Vorführungen (1986), heute keine Rekrutierungsschalter in den Kinos aufgebaut sind, ist das Interesse eindeutig, männliche Teenager für die Truppe zu begeistern. Für die Marke Militär wird Werbung mit Hochtechnologien gemacht: Bei "Iron Man" (2008) oder den "Transformers"-Filmen bietet das Multiplex auch Rüstungsschau, Waffen wie der Kampfbomber F-22, die unbemannten "Predator"-Drohnen oder der umstrittene "Osprey"-Flieger haben im Unterhaltungskino längst einen Ehrenplatz.Nur manchmal drängt sich die hässliche Realität in diese Fantasiewelt. Gern hätte Regisseur Stephen Sommers in seinem Film "G.I. Joe" die neuen, schwer gepanzerten MRAP-Lastwagen umfassend eingesetzt. Darauf musste das Projekt, das die ur-amerikanische "Joe"-Truppe für die anvisierte globale Zuschauerschaft in internationale Spezialkräfte umgedeutet hat, letztlich verzichten: Während der Dreharbeiten wurden alle verfügbaren Fahrzeuge im Irak und in Afghanistan gebraucht.------------------------------Foto: Sexy Soldaten und Soldatinnen: "G.I. Joe" kommt am 13. August in die Kinos.