Eine Studie der Charité zeigt: 15 Prozent der Tipper können nicht mehr ohne das Glücksspiel leben: Lotto kann reich, aber auch süchtig machen
Millionen Deutsche spielen Lotto, doch das Glücksspiel kann gefährlich werden. Dies beweist eine gestern vorgestellte Studie der Charité. Es ist die erste Untersuchung zum Suchtpotenzial des Lottospiels im deutschsprachigen Raum. Laut dieser Studie wiesen 15,2 Prozent von 171 Spielern, die zu Jahresbeginn in Berlin befragt wurden, die diagnostischen Kriterien einer Verhaltenssucht auf. "Lottosüchtige spielen sehr viel häufiger und geben mehr Tipps ab, als sie sich eigentlich vorgenommen haben", erläuterte Studienleiterin Sabine Grüsser-Sinopoli von der Interdisziplinären Suchtforschungsgruppe am Institut für Medizinische Psychologie. So füllen die pathologischen Spieler nach ihren Angaben im Durchschnitt pro Ziehung fünf Scheine aus, der Spitzenreiter lag bei 32 Scheinen. Abhängige Tipper spielen fast täglich, obwohl es nur zwei Ziehungen pro Woche gibt. Die Mehrheit sind Männer, sie machen etwa 60 Prozent aus. Über 85 Prozent verschulden sich: durchschnittlich mit 430 Euro, in einem Fall waren es sogar 4 000 Euro. "Das Suchtpotenzial von Lotto wird unterschätzt, weil die Geldeinsätze vergleichsweise gering sind", sagte Grüsser-Sinopoli. "Aufklärung tut da Not. " Die psychischen Folgen dieser Verhaltenssucht seien jedoch gravierend. "Die Abhängigen empfinden unwiderstehliches Verlangen und erleiden Kontrollverlust". Sie würden versuchen, ihre Verluste durch einen erhöhten Einsatz beim nächsten Tipp wieder auszugleichen. Sie vernachlässigen berufliche und soziale Aktivitäten, um tippen gehen zu können. Gelinge ihnen dies nicht, sagte Grüsser Sinopoli, verspürten sie wie bei anderen Suchterkrankungen ein Unwohlsein bis hin zu Panikgefühlen und Halluzinationen."Lotto hat ein ähnliches Suchtpotenzial wie Sex, Sport oder Einkaufen. Die Abhängigen sind nicht in der Lage, Stress adäquat zu verarbeiten und haben sich stattdessen ein exzessives Belohnungssystem geschaffen", sagte die Psychologin. Doch während beim Sex eine Befriedigung möglich ist, ist die Wahrscheinlichkeit, beim Lotto zu gewinnen, sehr gering. "Lottosüchtige brauchen die Erregung, sie brauchen den Kick bei der Ziehung der Zahlen", sagte Grüsser-Sinopoli.Wer von der Lottosucht loskommen will, kann sich von Mitarbeitern der Charité telefonisch (030/450-529 529) beraten lassen. Die Beratung ist mittwochs von 14 bis 19 Uhr, sie ist anonym und kostenlos.