Enkel Helmut Korth schließt nach 120 Jahren die Drogerie: Großvater kochte im Keller die Schuhcreme

ZEHLENDORF. Helmut Korth hört auf. Im Frühjahr beginnt der 65jährige in seinem Geschäft am Breitenbachplatz mit dem Ausverkauf. Dann wird nach 120 Jahren die wohl älteste Drogerie Berlins schließen. Mit der Drogerie "H. O. Korth" endet die Geschichte eines Unternehmens, das einmal fünf Filialen mit insgesamt 30 Angestellten hatte. Das "H.O." steht für Heinrich Otto, den Großvater. Dieser eröffnete 1879 an der Genthiner Straße ein "Droguen-Geschäft". Korth richtete eine Parfümabteilung ein, stellte eigene Farben her und entwickelte Fotos. Im Keller kochten die Drogisten Bohnerwachs und Schuhcreme, in Mörsern rührten sie Zahnpasta. 1928 eröffnete Korth am Breitenbachplatz eine weitere Drogerie. "Korth" war mal wer in Berlin. Der Großvater hatte die Drogisten-Innung mitgegründet und in der Arzneimittelkommission von Kaiser Wilhelm hat er eine Verordnung durchgesetzt, die regelt, was in Drogerien verkauft werden darf. Nach dem Krieg blieb von Korths Läden nur noch Schutt. Am Breitenbachplatz fing Helmut Korths Vater wieder an. Helmut lernte Drogist. Damals hantierte er mit 200 Chemikalien und 300 Drogen. Er lernte, daß man mit Kaliumpermanganat Fleisch desinfiziert und daß Goldschmiede mit Hilfe von Schwefelleber Metalle mit Patina überziehen.Heute stehen in den Regalen seines Ladens immer mehr drogerie-untypische Waren: ein Buch "Worte für Verliebte", Porzellanschwäne und Plastikwindmühlen. Seit den 70er Jahren geht es mit der Drogerie-Branche abwärts. Korth machte seine unrentablen Filialen zu. Sein Geschäft am Breitenbachplatz blieb übrig. "Die typische Drogerie gibt es nicht mehr", sagt Korth. Um zu überleben, müssen die wenigen übriggebliebenen Drogisten ihr Sortiment erweitern. Hinter Korths Ladentisch steht ein alter Schrank mit kleinen Schubfächern. In einem liegen Weinhefe und Gärsäure, in einem anderen Vaseline und Zahnstocher. In einem Fach, das nach Baldrian riecht, sind Geburtstagskarten mit Bärchen. Korth gibt auf, weil seine Kunden inzwischen in großen Drogerie-Ketten einkaufen. Egbert Steinke von der Industrie- und Handelskammer empfiehlt den Drogerien Spezialisierung und "Rückbesinnung auf ihre Kernkompetenz", gekoppelt mit mehr Beratung. Korth will sich darauf aber nicht mehr einlassen. "Eines Tages kaufen die Leute nur noch übers Internet." Seine beiden Söhne jedenfalls wollten keine Drogisten werden. Sie haben sich zukunftssicherere Berufe gesucht: Einer verarbeitet in Schweden Holz, der andere verkauft Computer.