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Bestimmte Ausdünstungen, sogenannte Pheromone, spielen bei Tieren eine maßgebliche Rolle als Erkennungs-, Warn- oder Sexuallockstoffe. Ob auch Menschen über solche stets unbewußt wahrgenommenen Botensubstanzen kommunizieren, war bislang unklar. Jetzt haben zwei US-Forscherinnen erstmals einen Beweis dafür geliefert, daß es Stoffe gibt, die bestimmte Körpervorgänge anderer Personen beeinflussen können. In ihrer Untersuchung entnahmen Kathleen Stern und Martha McClintock vom Psychologischen Institut der Universität Chicago neun Frauen Schweißproben aus dem Achselbereich und tupften diese anschließend 20 Probandinnen unter die Nase. Diese Prozedur wiederholten die Forscherinnen zwei Monate lang, einmal täglich bei jeder der Testpersonen. Wie die beiden Forscherinnen in der Fachzeitschrift "Nature" berichten, reagierten die 20 Frauen sehr unterschiedlich auf die Schweißproben. Die Wirkung der Proben war offenbar davon abhängig, in welcher Phase des Menstruationszyklus sich die Spenderinnen befunden hatten: Proben von Frauen, bei denen der Eisprung kurz bevorstand, verkürzten den Menstruationszyklus der "Empfängerinnen" im Durchschnitt um 1,7 Tage. Stammte die Schweißprobe jedoch vom Tag des Eisprungs, verlängerte sich der Zyklus der "Schnuppernden" im Mittel um 1,4 Tage. Offenbar bemerkten die Probandinnen nicht, worum es sich bei den Proben handelte: Sie nahmen nicht die Substanz selbst wahr, sondern nur das Lösungsmittel Alkohol. Vor 30 Jahren hatte McClintock bereits beobachtet, daß sich die Monatszyklen von Zimmergenossinnen oder engen Freundinnen einander häufig angleichen. Aus ihrer jüngsten Studie schließt sie nun, daß der weibliche Achselschweiß zwei verschiedene Pheromone enthält, deren Menge im Verlauf des Menstruationszyklus schwankt. Für die Existenz menschlicher Pheromone spricht zudem die vor wenigen Jahren gemachte Entdeckung, daß auch Menschen ein sogenanntes Vomeronasalorgan (VNO) besitzen. Das Organ liegt in der Nähe der Nase. Es dient den meisten Säugetieren zur Wahrnehmung von Pheromonen und ist an der Steuerung etlicher Körperfunktionen beteiligt. Angesichts der Fülle von Funktionen, die diese Botenstoffe in der Tierwelt haben, vermuten Stern und McClintock, daß es weitere menschliche Pheromone gibt, die das soziale Verhalten beeinflussen. (stre.)