Euro-Hawk-Affäre: Täuschung, Vertuschung, Lüge

Verteidigungsminister Thomas de Maizière will trotz eigener Fehler beim gescheiterten Millionenprojekt „Euro Hawk“ im Amt bleiben. Der CDU-Politiker räumte am Montag zwar deutlich wie nie handwerkliche Pannen ein. In der Sache sei die Entscheidung für den Stopp des Aufklärungsdrohnen-Projekts aber richtig gewesen - daher gebe es „keinen Rücktrittsgrund“. Aus den Reihen der schwarz-gelben Koalition bekam er Rückendeckung. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach ihm abermals das Vertrauen aus.

Die Opposition sieht es dagegen inzwischen als erwiesen an, dass de Maizière über den Ablauf der Entscheidung die Unwahrheit sagt. Zudem macht sie den Minister für einen Schaden von mehr als 300 Millionen Euro verantwortlich. Die Affäre wird nun möglicherweise einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss beschäftigen. Die Grünen wollen dies am Mittwoch offiziell beantragen. Bei SPD und Linkspartei gibt es allerdings Zweifel, ob ein solches Gremium so kurz vor der Bundestagswahl im September noch Sinn hat.

Anlass und Ansporn

De Maizière gab nach der abermaligen Befragung durch den Ausschuss am Montag deutlich wie nie eigene Fehler zu. „Ich hätte nachfragen müssen“, sagte der Minister. „Wir haben handwerklich nicht sorgfältig genug gehandelt.“ Dann kam er zu dem Schluss: „Ein richtiges Ergebnis, das mit einem fehlerhaften Verfahren zustande gekommen ist, ist für mich allerdings kein Rücktrittsgrund, sondern Anlass und Ansporn, derartige Fehler in Zukunft zu vermeiden.“

Der CDU-Politiker blieb bei der Darstellung, dass er erst am 13. Mai von der „Entscheidungsvorlage“ seines Ministeriums erfahren habe, die das Aus für das Projekt bedeutete. Erst an diesem Tag sei ihm auch klargeworden, dass aus dem Projekt nichts werde. Zur Kritik an den Kosten sagte er: „Eine frühere Entscheidung hätte den Schaden eher vergrößert als verringert.“ Offen ließ er auch weiterhin, ob die Affäre in seinem Haus personelle Konsequenzen haben wird.

Aus der Opposition kamen massive Vorwürfe. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin hielt de Maizière vor, das „Vertrauen in seine Amtsführung verspielt“ zu haben. Ähnliche Stimmen gab es aus den Reihen der Linken und der SPD. Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold beschuldigte de Maizière einer absichtlichen Täuschung des Parlaments: „Ich bin sehr sicher, dass hinter dem ganzen Ablauf nicht nur Dämlichkeit steckt, sondern durchaus Struktur und Konzept, die Dinge zu vernebeln.“

Die Grünen wollen einen Untersuchungsausschusses beantragen. Dazu muss mindestens ein Viertel der Bundestags-Abgeordneten zustimmen. Die SPD hielt sich ihre Entscheidung noch offen. Wenn es dazu kommt, würde der Verteidigungsausschuss selbst zum Untersuchungsausschuss werden. Die Koalition kündigte an, dann auch SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück als Zeugen zu laden - der war als Finanzminister der großen Koalition mit dem Projekt befasst.
In der Ausschusssitzung wurde klar, dass das Ministerium dem Parlament offensichtlich monatelang Informationen über das Ausmaß der Probleme verschwieg. Auf eine Frage der Linken zu möglichen Zusatzkosten antwortete das Ministerium im Juni 2012: „Deren Höhe ist aufgrund des Risikocharakters derzeit nicht abschätzbar.“ Schon vier Monate zuvor wussten aber die zuständigen Staatssekretäre über mögliche Mehrkosten von bis zu 600 Millionen Euro. (dpa)