Finanzmarkt: Wiedersehen mit der Euro-Krise
Die Euro-Krise ist zurück. Diese Sorge schreckte vergangene Woche die Finanzmärkte auf, die dabei eines übersahen: Die Euro-Krise war nie verschwunden. Sie war stets da. Nachfolgend ein Überblick darüber, wo die Währungsunion nach drei Jahren intensivster Reparaturarbeiten steht.
Wirtschaftliche Lage: Wer sich das wirkliche Leben im Euro-Raum anschaut, kann verzweifeln. Seit fast zwei Jahren schrumpft die Wirtschaft der Währungsunion kontinuierlich. In Griechenland und Spanien liegt die Arbeitslosenquote bei 27 Prozent. In Portugal hat sie 18 Prozent erreicht und steigt. Hoffnung macht, dass vom kommenden Jahr an die Sparprogramme weniger auf die Konjunktur drücken werden, weil die stärksten Einschnitte geschafft sind. Auch sind die Löhne so stark gefallen, dass die Krisenländer zu wettbewerbsfähigen Preisen anbieten können.
Defizite: Trotz der gewaltigen Sparprogramme nimmt die Schuldenlast weiter zu. In Griechenland steigt sie in diesem Jahr auf 175 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, in Portugal auf 123 Prozent und in Italien auf 131 Prozent. Optimisten können dennoch auf große Konsolidierungsfortschritte verweisen. Selbst Griechenland würde nach den gewaltigen Kürzungen im Staatshaushalt einen Überschuss erwirtschaften, wenn es nicht durch die hohen Zinsausgaben und die schwache Konjunktur so belastet würde. Aktuell hat sich also vieles gebessert. Doch die Vergangenheit wirkt nach.
Fiskalunion: Nicht nur die Krisenländer müssen sich neu erfinden. Auch die Währungsunion braucht einen Totalumbau. Seit Ausbruch der Krise kontrolliert die EU zunehmend die nationalen Haushalte. So müssen sich Defizitsünder ihre Budgets von EU-Kommission und EU-Rat genehmigen lassen. Zudem gibt es Hilfe aus dem Rettungsfonds ESM nur für Länder, die eine Schuldengrenze von 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in ihre nationalen Verfassungen aufgenommen haben. Die Eurozone hat sich bereits ein Stück bewegt auf dem Weg zu einer Fiskalunion, einer gemeinsamen Steuerung der Finanzpolitik.
Bankenunion: Weil Irland oder Spanien nicht durch zu hohe Staatsdefizite, sondern durch ihre maroden Banken in Schwierigkeiten gerieten, muss eine Therapie auch hier ansetzen. Die Politik setzt auf eine Bankenunion mit drei Säulen: gemeinsame Aufsicht, einheitliche Regeln für Bankenpleiten, gemeinsame Einlagensicherung. Ab 2014 wird die Europäische Zentralbank (EZB) große Institute überwachen. Geeinigt haben sich die EU-Finanzminister auf Regeln, wie Banken abgewickelt werden können. Haften sollen zuerst Eigentümer und Gläubiger, dann vermögende Sparer und erst zuletzt Steuerzahler. Noch umstritten ist, inwieweit die Absicherungen der Sparguthaben – die Einlagensicherungen – vergemeinschaftet werden. Die Bundesregierung will verhindern, dass deutsche Sparer für die Probleme spanischer oder italienischer Institute haften müssen. Einer begrenzten Hilfe für Banken aus dem Euro-Rettungsfonds ESM stimmte sie aber zu.
Europäische Zentralbank: Für viele ist sie der einzige verlässliche Retter in der Not. Im vergangenen Sommer entschärfte EZB-Chef Mario Draghi die akute Bedrohung mit der Ankündigung, die Notenbank werde alles tun, um die Währungsunion zu bewahren. Sie erklärte sich bereit, Staatsanleihen der Krisenländer zu kaufen, um deren Zinsen zu drücken. Allein die Ankündigung beruhigte die Finanzmärkte. Vergangene Woche legte Draghi nach mit der Aussage, die Zinsen dauerhaft niedrig zu halten. Aus Sicht der Kritiker geht die EZB über ihren Auftrag hinaus, für stabile Preise zu sorgen, und mischt sich zu stark in die Finanzpolitik ein. Das Bundesverfassungsgericht prüft dies noch.