Layla Berlin: Ein Carpaccio geht um die Welt
Meir Adoni kocht in seinem Restaurant Layla „Modern Middle Eastern Cuisine“ und macht aus der eigentlich öden Aubergine einen fantastischen Signature Dish.

Während ich diese ersten Zeilen tippe, weiß ich, dass der Platz für diese Restaurantkritik nicht ausreichen wird. Vermutlich muss das Dessert daran glauben: Die Campari-Torte mit Buttermilchschaum und Olivenöl-Eiscreme – sie wird nicht vorkommen. Ebenso die ein oder andere Vorspeise. Zum Beispiel der Hamachi mit Joghurtschaum samt einem verflüssigten Petersilien-Knoblauch-Püree, die Interpretation des israelischen Küchenchefs von einem griechischen Tsatsiki.
Vielleicht wird auch das Auberginen-Carpaccio mit Pistazien, Dattelhonig, Tahini, Rosenblütenblättern und Feta-Schnee nicht besprochen, obwohl es das Signature Dish des besagten israelischen Kochs ist. Seine Name lautet Meir Adoni. In seinen fünf Restaurants, die sich auf New York, Tel Aviv, Kiew (derzeit geschlossen), Barcelona und Berlin verteilen, steht das Carpaccio auf der Karte.
Das Carpaccio bleibt für immer auf der Karte
Bald werden noch fünf weitere Restaurants dazu kommen. Adoni, der während meines Besuchs in seinem Berliner Restaurant Layla eingeflogen war, um ein neues Sommermenü zu kreieren, plant folgende neuen Restaurantstandorte: Zypern, London, Singapur, Marbella, Athen – sein Auberginen-Carpaccio erobert fast alle Kontinente.
Im Layla steht es seit Eröffnung im Oktober 2018 auf der Karte – trotz neuer Sommergerichte. Er werde es nie runternehmen, sagt Adoni.
Ich habe es bei meinem ersten Besuch im Layla besprochen. Es ist ein komplexes Gericht, eine Hymne auf die eher langweilige Aubergine, die hier geräuchert mit cremiger Tahini, salzigem Feta-Schnee, knackigen Pistazien und einem Hauch Dattelhonigsüße inszeniert wird. Das Gericht besteht aus über 30 Zutaten, die ich schon aus Platzgründen damals wie heute nicht aufzählen kann.

Ähnlich erging es einer Kollegin. Sie hatte den Auftrag, einen Text für ein Kochmagazin über Adonis Küche zu schreiben. Darin sollte der Starkoch die wichtigsten Rezepte verraten, so dass die Leser sie nachvollziehen können. Die Kollegin ist an der Aufgabe verzweifelt. Sie begleitete ihn einen Tag lang in der Küche. Die anstrengendste Recherche ihres Lebens, sagt sie.
Weil jedes Gericht stundenlange Vorbereitungen und hunderte Handgriffe erforderte und es unmöglich war, all die Arbeit zu beschreiben. Sie hätte pro Rezept eine Seite gebraucht, hatte aber nur eine. Auf dieser hatten sich die Redakteure des Kochmagazins drei Kreationen gewünscht sowie Stoff aus dem Leben des Starkochs. Schließlich hat der Mann neben den Restaurants auch acht Kinder von zwei Frauen. Am Ende, erzählte sie mir, schrieb sie einfach: „Liebe Leser, vergesst es. Geht einfach hin – diese Rezepte kann man nicht nachkochen.“
Auch ich bin daher einfach mal wieder ins Layla gegangen. Es ist ein Presseessen anlässlich der neuen Karte und weil der Küchenchef, der zwischen seinen Restaurants hin- und herfliegt, mal wieder in Berlin war.
Er liebe die Stadt, sagte er. Berlin sei jung und weltoffen. Hier könne er seine Interpretation einer „Modern Middle Eastern Cuisine“ verwirklichen, die sich nicht um Regeln schert und mit Produkten und Gewürze aus aller Welt aufwarte. Nicht auf abgehobenem Fine Dining Niveau, sondern so, dass man in großer Runde alles wild mischen und teilen kann.

Mit diesem Sharing-Ansatz ist er nicht allein in Berlin. Die „Levante-Küche“, wie die neue Middle Eastern Cuisine auch genannt wird, rauscht ja bereits seit einigen Jahren siegessicher durch die Berliner Gastroszene. Im Layla aber schmeckt sie anders.
Allein das Brioche, das sie hier backen, rechtfertigt den Besuch. Statt Ei verwendet die Küche ein Vielfaches an Butter. Würde man das an einen Panettone erinnernde Brioche ausdrücken, es tropfte sicherlich ein Schälchen Butter raus. So dippt man das fluffige Etwas in eine scharfe Paprika-Aioli und erfrischenden grünen Schug mit Jalapeño-, Koriander- und Petersilie-Noten. Ungewöhnlich ist das Pani Puri, ein an einen Windbeutel erinnerndes Bällchen mit rohem Fischtatar obenauf und einer sahnigen Joghurtschaumfüllung, die beim Reinbeißen mit Yuzu-Geschmack überrascht.
Ungewöhnlich ist auch die Wassermelone als neues Sommergericht. Sie vereint Japan, Thailand und das Mittelmeer auf einem Teller: Die Kombination mit Feta kennt man bereits. Hier jedoch fügt Adoni noch asiatische Aromen hinzu: Statt Minze verwendet er Thai-Basilikum und Kaffir-Limettenblätter. Die Melone zieht vorher in einer Marinade aus Soja-, Honig- und Sesamöl durch.
Sie könnte salziger und kräftiger schmecken, so kräftig wie der Fischsoße-Limetten-Chili-Dip zu einem arabischen Gericht namens Quatayef. Eigentlich ist das im Nahen Osten eine Nachspeise: eine Teigtasche gefüllt mit Nüssen. Der Koch zieht sie ins Herzhafte, mit einer Hackfleischfüllung, bei der nur noch die Nüsse und karamellisierten Zwiebeln an ihren süßen Ursprung erinnern. Der limettensauer-salzige Fischdip ist der kulinarische Gegenspieler.
Ich finde das alles genial. Und bevor mir die Zeilen ausgehen, noch eine Empfehlung, die ich nicht mehr beschreiben kann: Der butterweiche Pulpo, der in Kichererbsenmehl und Kreuzkümmel gewälzt ist und mit einer herrlichen Fleischjus und Joghurt kommt. Rund 40 Arbeitsgänge braucht es bei der Zubereitung. Unter uns: Sie wollen das nicht nachkochen. Gehen Sie hin.
Brot mit Dips 11–15 Euro, Vorspeisen 11–25 Euro, Hauptgerichte 25–42 Euro; Desserts 15–17 Euro.
Layla Berlin, Hallesche Straße 10, 10963 Berlin; Öffnungszeiten: Di–Sa 19–23 Uhr
hello@layla-restaurant.com, Tel: 0151 22 56 36 54