Mangiare in der Markthalle: Die beste Pizza der Stadt gibt es in Berlin-Moabit

In Moabit wird wohl die beste neapolitanische Pizza Berlins gebacken. Oder frittiert? Ein Besuch bei Mangiare auf der Suche nach der Pizza Fritta.

Man möchte sich sofort reinlegen in die Pizza bei Mangiare in der Arminiusmarkthalle in Moabit.
Man möchte sich sofort reinlegen in die Pizza bei Mangiare in der Arminiusmarkthalle in Moabit.Magiare

Das ganze Jahr über habe ich es nicht ins Mangiare geschafft. Jetzt ist es Anfang Juli. „Italian Gourmet Food“ steht über dem Stand in der Moabiter Arminiusmarkthalle. Man hat mir versichert, das stimme zu hundert Prozent. Selten bekomme man so eine ausgesuchte Qualität, von den Taggiasca-Oliven aus Ligurien über den Büffelmozzarella und Aufschnitt bis hin zum wilden Berg-Oregano, der im Mangiare die Pizzen würzt. Die Pizzen sind der Signature Dish dieses kleinen Standes.

Immer wieder hat man mir besonders die Pizza Fritta ans Herz gelegt. Diese, hier gefüllt wie eine Calzone, sei die beste in der Stadt, predigt ein Foodie-Freund schon seit langem. Woche um Woche nahm ich mir vor, endlich hinzufahren, um die Pizza Fritta zu essen.

In einem sprudelnden Ölbad frittierte Pizza? Das Gericht ist bei uns nicht sehr bekannt. In Neapel aber, so habe ich mir sagen lassen, sei es ein beliebtes Streetfood, das überall an Ständen draußen vor den Restaurants und Bars verkauft wird. Erfunden wurde die Pizza Fritta aus der Not bitterer Armut heraus, so die Legende.  Sie wird nämlich auch „Pizza des Volkes“ genannt, weil in der Nachkriegszeit eine gebackene Pizza für die meisten Neapolitaner unerschwinglich war. Brennholz, um den Pizzaofen zu befeuern, war teuer. Also frittierten ein paar findige Frauen den Teig einfach in Öl, zunächst noch ohne Füllung. Heute dagegen gibt es sie in zahlreichen Versionen.

Wo ist die Pizza Fritta?

Erst kürzlich habe ich eine Miniatur-Fritta im Restaurant Terz gegessen, Sie erinnern sich vielleicht. Es war eine Neuinterpretation des dortigen Küchenchefs, mit frittiertem Sauerteig, aus dem ein rassiger, geschmolzener Blauschimmelkäse quoll. Eine herrliche Schweinerei. Ich bin daher ziemlich heiß auf das Original, als ich in der Arminiusmarkthalle die am Stand ausgehängte Karte des Mangiare überfliege: Focaccia mit Sardellen und Bio-Burrata, Calzone mit Mozzarella und Ricotta, eine Pizza mit frischem Trüffel – klingt alles verdammt gut.

Nur: „Wo ist die Pizza Fritta“, frage ich?

„Wieso?“, fragt der Chef zurück. Er heißt Alessandro Piras und guckt irritiert.

„Weil mir so oft davon vorgeschwärmt wurde“, antworte ich, ohne mich als Journalistin zu outen. Piras erahnt es auch so. Das sei so ein Journalisten-Ding, sagt er. Bei den normalen Gästen aber wenig beliebt. Die rümpften eher die Nase. Frittierte Pizza? Ne danke. Im Winter nehme er sie wieder aufs Menu. Jetzt bei der Hitze verkaufe sie sich aber nicht. Er habe dafür schöne Sommer-Pizzen auf der Karte. Heute eine mit Zucchiniblüten, Salsiccia, und wenn ich wolle, packe er mir etwas Sommertrüffel darauf. Ja, genau das will ich.

Für Alessandro Piras war das Mangiare eher ein Nebenprodukt. Ursprünglich wollte er nur ein Lager im Keller der Moabiter Markthalle anmieten, weil er Delikatessen aus seiner Heimat Sardinien importierte. Doch das gab es nur inklusive Stand. Also experimentierte er mit seinen Importmehlen für den Teig und den intensiv fruchtigen Bio-Tomaten als Basis. Und er umwarb einen Pizzabäcker auf Instagram so lange, bis dieser nach Berlin kam: Jonathan Atzeni aus der Region Kampanien, der mit Mitte 30 bereits ein Star-Pizzaiolo war. Er hatte für Pizzerie von Positano bis in die Vereinigten Staaten gearbeitet, unter anderem für das berühmte „Pepe in Grani“ in Caiazzo, das regelmäßig zur besten Pizzeria der Welt gekürt wird.

Nicht nur was den Pizzabäcker angeht, auch sonst scheint Inhaber Piras nicht wirklich auf seine Ausgaben zu achten. Das sieht und schmeckt man.

Die sommerliche Pizza ist wunderschön, die Farben wie ein Gemälde: Ein dicker, von Beige ins Dunkelgold spielende Rand, klar neapolitanisch geschwollen mit einigen Blasen.
Die sommerliche Pizza ist wunderschön, die Farben wie ein Gemälde: Ein dicker, von Beige ins Dunkelgold spielende Rand, klar neapolitanisch geschwollen mit einigen Blasen.Mangiare

Meine sommerliche Pizza ist wunderschön, die Farben wie ein Gemälde: Ein dicker, von Beige ins Dunkelgold spielende Rand, klar neapolitanisch geschwollen mit einigen Blasen. Die genaue Teigmischung bleibt geheim, angeblich wird sie im Holzgefäß geknetet und aufbewahrt, niemals in Masse vorproduziert und eingefroren. In der Mitte des Pizzareifs strahlt der weiße Mozzarella, äußerst üppig belegt. Darauf Blätter der Zucchiniblüte, die von Grün über Gelb ins Orange changieren. Zugegeben, sie dienen mehr der Optik als dem Geschmack. Sonst jedoch schmeckt jede Zutat einzeln heraus. Allein die Basilikumblätter sind sehr intensiv. Wunderbar fügt sich auch der Geschmack der fast süßlichen Salsiccia in den cremigen Mozzarella.

Keine Sorge ums Mangiare

Bei ihm, sagt Alessandro Piras, sei es wirklich nicht nur Gerede, dass er rigoros auf die Qualität seiner Importprodukte achte. Die Salsiccia etwa kaufe er in Italien für 18 Euro das Kilo. Klar gäbe es sie auch für weit weniger als die Hälfte, aber er mag es nicht, wenn sie nach Schweinestall schmeckt. Das tut sie sicher nicht. Sie hat süße Fenchel-Anisnoten. Der naturgemäß weniger intensive Sommertrüffel, zur Zeit nur 150 statt 800 Euro das Kilo, belehrt mich Piras, passt wunderbar dazu.

Ich sitze da, genieße die Pizza und die schöne Umgebung der Markthalle, die leider unter der Woche recht leer ist. Lediglich Freitag und Samstag funktioniert sie für ein paar Stunden, meist am Abend. Doch Sorgen ums Mangiare mache ich mir nicht. Der Pizzaiolo ist gut beschäftigt. Neben ihm stapeln sich die Kartons, von der Moabiter Markthalle aus läuft das Bestellgeschäft.

Klein aber sehr fein: Mangiare in der Arminiusmarkthalle in Moabit.
Klein aber sehr fein: Mangiare in der Arminiusmarkthalle in Moabit.Mangiare

Ich habe noch Lust auf etwas Süßes. Zur Nachspeise gibt es eigentlich nur Tiramisu,  der Einfachheit halber in Pappschächtelchen serviert. Neben den Pizzen ist es der Bestellhit. Ich verstehe warum: Das Verhältnis zwischen extrem sahnig geschlagener Mascarpone und weichem Biskuit ist perfekt, ebenso zwischen bitterer Kaffeenote und Süße. Die Bedienung erzählt mir, sie habe es sich hier beibringen lassen, weil ihre Familie sie immer um Tiramisu aus dem Mangiare anbettelte. Es werde stets frisch gemacht, am Vortag, damit es über Nacht durchziehe. Ich nehme mir fest vor, öfter in die Markthalle zu kommen, spätestens aber im Winter, wenn’s wieder die Pizza Fritta gibt.


Speisen: Antipasti 13–15 Euro; Pizzen 8,50–18 Euro; Spezielle Pizzen 18–21 Euro; Dessert 5 Euro

Mangiare Berlin in der Arminiusmarkthalle, Bugenhagenstraße 19, 10551 Berlin, Mo–So 12–22 Uhr, www.mangiare-berlin-berlin.de Tel: 0152 11922767