Restaurant der Woche: Hallmann & Klee im Böhmischen Dorf – so schmeckt Neukölln!
Früher war das Hallmann & Klee bekannt für sein Frühstück und seine Pancakes. Seit Corona gibt es jetzt nur noch Abendservice. Und auch da mundet es ganz hervorragend.

Ein Schock war die Sache mit den Pancakes. Nicht zuletzt durch sein Frühstücksangebot war das Hallmann & Klee ein echtes Neuköllner Kiezrestaurant, immer voll, und zwar nicht nur mit Menschen, die sich 100-Euro-Menüs gönnen. Als sensationell habe ich die Pancakes mit Ahornsirup und Beerenkompott in Erinnerung, aber auch die Käseplatten und den Käsemohnkuchen, nachtmittags, zum Andraschko-Cappuccino. Damit ist Schluss.
Das 2016 von Sarah Hallmann und Frizzi Klee gegründete Restaurant bietet seit kurzem nur noch Abendservice. Immerhin, schließlich setzt die Weltlage bekanntermaßen gerade der Gastronomie arg zu. Seinen zu Beginn der Corona-Pandemie bei Instagram verkündeten Vorsatz, es auf jeden Fall durch die Krise zu schaffen, hat das Hallmann & Klee jedenfalls gehalten. Lange Zeit war dessen Team ausschließlich weiblich, inzwischen dürfen auch ein paar Männer ran, zumindest im Service.
Die Küchenchefin Rosa Beutelspacher war zuvor im Sterne-Restaurant Facil, Restaurantleiterin Janine Woltaire im Horváth. Noch immer ist das Ecklokal am Böhmischen Platz ein auffallend schöner Ort, mit edlen Holzmöbeln, üppigen Blumengestecken und warmer Beleuchtung. Sehr aufmerksam: Als die Servicekraft sieht, dass ich Fotos mache, bringt sie eine zusätzliche Tischlampe.

Früher bekannt fürs Frühstück, heute gibt es nur noch Dinner
Wir sind eine größere Gruppe, trotzdem dauert es fast eine Stunde, bis die ersten Snacks auf dem Tisch stehen, darunter großartige Mini-Langos, ungarische Schmalzkuchen, die das Gegenteil sind vom sonst fettigen Kirmeszeugs. Das folgende Menü gibt es mit oder ohne Fleisch zum Einheitspreis von 95 Euro, dazu eine Wein- (65 Euro) oder alkoholfreie Begleitung (55 Euro).
Von früheren Besuchen blieben mir vor allem die vegetarischen Teller in Erinnerung, bescheidene, magenschmeichelnde Gänge wie der im Fleischmenü enthaltene Kartoffel-Liebstöckel-Püree, von dem ich bei meinem Nebensitzer naschen darf. Davon spüre ich an diesem Abend wenig. Die geräucherte Hokkaido-Creme mit Fingerlimes, Salzzitrone und Haselnüssen ergibt eine nette, aber schnell vergessene Kombination, mehr Amuse-Bouche als eigenständiger Gang.
Wirklich gelungen ist die hausgemachte Pici-Pasta mit Spinat und einer Cacio-e-Pepe-Variation mit Pfeffer, Yuzu und Seetang. Leider ist die Portion winzig, dafür gibt es zusätzliches Domberger-Brot mit aufgeschlagener Butter, ohne dass wir danach gefragt hätten. Auf den Trüffelgang habe ich mich besonders gefreut, mit Champignons, Pilztee und einem pochierten Ei, das in meinem Fall kaputt an den Tisch kommt. Eine trotz Earl-Grey-Aroma bewährte und somit eher brave Kombination, immerhin mit reichlich schwarzem Trüffel.

Rote Beete, Meerrettichöl und Zwiebel-Heu-Molke
Den vegetarischen Hauptgang zu tauschen ist keine Option. Dafür, dass ich Rote Bete nicht mag, kann natürlich niemand was, wobei ich in der gehobenen Gastronomie oft überrascht werde, bei Vadim Otto Ursus zum Beispiel, der sie in Schlehensaft einlegt. Im Hallmann & Klee kommt sie als gegrillte Scheibe mit Meerrettichöl und einem Sud aus Brombeeren, in dem die Zwiebel-Heu-Molke komplett untergeht, und schmeckt ziemlich genau nach: Roter Bete.
Wunderbar hingegen ist das begleitende Getränk, ein hochwertiger Vogelkirschsaft mit Heu und geräuchertem chinesischen Tee. Die meisten anderen alkoholfreien Getränke empfinde ich sowohl einzeln als auch in Kombination mit den Gerichten als gewöhnungsbedürftig. Allen voran der zum Trüffelgang ausgeschenkte Petersilienwurzelsaft mit Petersilienöl – das schmeckt schon sehr nach dem, was beim Hotelbuffet aus dem Entsafter kommt.
Gleiches gilt für den dickflüssigen, healthy Sanddornsaft mit Majoranöl, dessen saures Grundaroma irgendwie ausbalanciert hätte werden müssen. Auch dem zum Pastagang ausgeschenkten Verjus (das ist der Saft unreifer Trauben) mit Zitrus-Verbene-Tee fehlt ein die Säure ausgleichendes Element. Versöhnlich stimmen die Desserts – wie stark die Patisserie ist, wusste ich ja von den Pancakes –, ein Basilikumsorbet mit Jasminreisgranité und -creme, dessen frische und cremige Aromen erstaunlich gut harmonieren.
Was ist Banoffee? Butter, Sahne, Bananen, Dulce de Leche
Und noch mehr die Banoffee-Pie-Variation aus Sahne, Sesamöl, Dulce de Leche und Bananeneis mit einem Kern aus Miso, die einen bewährten Kuchenklassiker auf die Fine-Dining-Ebene hebt. Hier passen auch die Getränke, zum Basilikumgang ein alkoholfreies Destillat mit Erbsen-Jalapeño-Aroma, dessen Schärfe durch Himbeermarmelade ausgeglichen wird, und ein alkoholfreier Kaffeelikör mit einigen Tropfen Haselnussöl zum Dessert.
Was Stimmung, Service (okay, ein bisschen zügiger hätte er sein können) und Produktqualität betrifft, ist das Hallmann & Klee noch immer ein wunderbarer Ort. Nachhaltig war es immer schon, und zwar nicht nur hinsichtlich der regionalen Bezugsquellen von Urstrom-Käse bis zum Geflügel von Odefey & Töchter, sondern auch der Personalführung. Gut, dass es die Pandemie überlebt hat. Jetzt wünsche ich mir nur noch die wohlige kulinarische Vollkommenheit früherer Abende zurück – oder die Pancakes.
Bewertung: 4 von 5 Punkten.
Hallmann & Klee: Böhmische Straße 13, 12055 Berlin, geöffnet Mittwoch bis Samstag 18 bis 23 Uhr.