Solche Wortspiele liebt der sprachgewaltige Altpräsident des französischen Front National (FN). Auf dem Parteisender gefragt, was er vom Künstler Patrick Bruel halte, antwortete er lachend: „Daraus werden wir nächstes Mal eine Ofenladung machen.“ Der jüdische Schauspieler und Sänger hatte zuvor erklärt, er werde nicht an Orten auftreten, die der FN bei den Gemeindewahlen von Ende März erobert habe. Das Wort Ofenladung, auf Französisch „fournée“, erinnert an Le Pens bekanntestes Wortspiel von 1988 über den damaligen Minister Michel Durafour in Verbindung mit einem Krematorium – das heißt den Gaskammern der Nazis.
SOS Racisme und ihre Schwesterorganisation Mrap kündigen nicht zum ersten Mal eine Gerichtsklage gegen Le Pen an. Gänzlich neu ist jedoch die Reaktion seiner Parteifreunde. Le Pens Tochter Marine erklärte als FN-Vorsitzende, die Aussage sei ein „politischer Fehler, deren Konsequenzen der FN zu tragen“ habe. Staranwalt Gilbert Collard, ein prominentes Mitglied der Rechtsextremen, legt dem Parteigründer gar den Rücktritt nahe: „Der spanische König ist abgetreten. Jean-Marie täte gut daran, sich die gleiche Frage zu stellen.“
Dass der Streit im FN gerade jetzt aufbricht, hat politische, aber auch persönliche Gründe. Nach ihren jüngsten Wahlerfolgen nimmt die 45-jährige Parteichefin Kurs auf die Präsidentschaftswahlen von 2017, und zu diesem Zweck will sie die Partei vom braunen Untergrund säubern. Das Haupthindernis dabei ist ihr eigener Vater. Der 85-Jährige goutiert offensichtlich nicht, dass seine Tochter mehr Erfolg als er selber hat. Mit 25 Prozent Zustimmung bei den Europawahlen hat sie seine Formation zur stärksten Partei Frankreichs gemacht.
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In letzter Zeit durchkreuzt der Vater die Mäßigungstaktik seiner Tochter immer wieder mit widerlichen Sprüchen – kurz vor den Wahlen etwa mit einem Lob für die (immigrationstötende) Wirkung des Ebola-Virus in Afrika. Und jetzt wieder der Antisemitismus. Wenn Neid sein Grundmotor ist, muss man nicht weit suchen, warum Le Pen senior gerade jetzt ausfällig wird, da ihm seine Tochter den Rang abläuft. In ihrer Luxusresidenz in Saint-Cloud bei Paris, wo Marine Le Pen ein umgebautes Stallgebäude im Schatten von Papas Villa bewohnt, hängt der Haussegen derzeit ziemlich schief.