Franz Marcs verschollenes Meisterwerk in einem Zürcher Banksafe?: Der Turm der blauen Pferde

Ein hochberühmtes, seit 1945 verschollenes Hauptwerk des deutschen Expressionismus ist möglicherweise aufgefunden. Franz Marcs "Turm der blauen Pferde" von 1913 soll in einem Banksafe unter der Zürcher Bahnhofstraße lagern. Dies jedenfalls behauptet die Kunstzeitschrift "art" in ihrer April-Ausgabe. Axel Hecht, Chefredakteur des Magazins, beruft sich dabei auf den Herforder Kunstsammler Jan Ahlers, der dem Gemälde gemeinsam mit dem Franz-Marc-Museum in Kochel am See seit vielen Jahren nachspürt.Das Bild war im Besitz der Berliner Nationalgalerie und zuletzt im Kronprinzenpalais Unter den Linden öffentlich zu sehen. Dort wurde es 1936 abgehängt und gelangte ein Jahr später in die Ausstellung "Entartete Kunst" in München. Nach einem Protest des Deutschen Offiziersbundes - Franz Marc war 1916 bei Verdun gefallen - wurde das Gemälde auf Befehl Hitlers aus der Inquisitionsschau entfernt. Von dort kam es zurück nach Berlin in ein Speichergebäude, wo es Hermann Göring zusammen mit Werken von Cézanne, van Gogh, Munch und anderen eigentlich verfemten Malern für seine Privatsammlung in Carinhall konfiszierte.1945 gelangte das Gemälde offenbar zurück nach Berlin. Der Journalist Joachim Nawrocki schrieb in der gestrigen "Welt", er habe es während des Blockadewinters 1948/49 im Haus am Waldsee in Zehlendorf gesehen, habe aber damals nicht geglaubt, dass es sich um das Original handelte. Heinz Ohff, Kunstkritiker der "Tagesspiegels", berief sich schon 1977 in einem Artikel auf den Zeitzeugen Edwin Redslob, der das Bild 1945 dort gesehen habe. Wenn dies stimmt, dann wäre der "Turm der blauen Pferde" wohl in Zehlendorf gestohlen worden und auch die Scheu des jetzigen "Besitzers" erklärte sich.Jan Ahlers wandte sich nun an die Öffentlichkeit, um den vor zwei Jahren abgerissenen Kontakt zu den Personen, deren Namen er nicht nennt, wieder zu beleben. Diese fordern Ahlers zufolge Rechtssicherheit und einen "Finderlohn". Ähnliches hatte man zu Beginn der neunziger Jahre mit den Erben eines amerikanischen Soldaten ausgehandelt, der 1945 berühmte Stücke aus dem Quedlinburger Domschatz entwendet und für Jahrzehnte zu Hause aufbewahrt hatte. Ahlers besaß bis vor kurzem eine der bedeutendsten privaten Expressionismus-Sammlungen, bürgt also mit seinem Namen für die Glaubhaftigkeit seiner Version. Allerdings durfte auch er das Gemälde bislang nicht besichtigen. (sep.)