FROHES FEST - Der Brite Sir Henry Cole verschickte im 19. Jahrhundert die erste Weihnachtskarte. Ein Blick auf ihre Geschichte und auf die Frage, was Würdenträger in diesen Tagen als Grußpost verschicken.: Auf nette Art und Weise

BERLIN. Es fing nicht gut an für die Weihnachtskarte. 1843 entwarf der britische Künstler John Calcott Horsley die erste Grußkarte. Horsley galt als sittenstreng, er ging eisern gegen Aktmodelle vor. Um so mehr empörte sich London über seine Weihnachtskarte. Sie zeigte kein biblisches Motiv, auch kein erbauende Winterlandschaft, sondern eine bürgerliche Familie beim Abendessen. Fröhlich prostete man sich zu, auch die Kinder, manche glaubten gar, selbst der Nachwuchs spreche dem Wein zu.Das war unerhört. Fast so unerhört wie die Idee. In Auftrag gegeben hatte die Karte Sir Henry Cole. Der spätere Gründer des "Victoria and Albert Museum" fand keine Zeit für seine Weihnachtspost. Horsley half aus, gestaltete die Karte, versah sie mit den Wünschen "A Merry Christmas And A Happy New Year to You" und ließ sie in einer Auflage von tausend Stück drucken. Sir Henry brauchte die Post nur noch zu unterschreiben und zu verschicken - von da an starteten die Weihnachtsgrüße ihren Siegeszug durch die Welt.Vor allem in den USA. Dort machte der deutsche Einwanderer Louis Prang aus den Grußkarten bald ein lukratives Geschäft. Er verbesserte ab 1874 den Farbdruck, änderte die Formate und setzte schon 1880 rund fünf Millionen Weihnachtskarten ab.Amerikas Präsidenten sollten erst später Folgen. Dwight D. Eisenhower verschickte 1953 die erste offizielle "Presidential Christmas Card". Aber nur an den ausgewählten Kreis der Kabinettsmitglieder und Kongressabgeordneten.Das hat sich geändert. Heute erhält jeder eine Weihnachtskarte, der dem US-Präsidenten eine frohes Weihnachtsfest wünscht. Wobei, was heißt schon Weihnachten. Längst wünscht man sich in den USA interkulturell und politisch korrekt einfach nur "Merry X-Mas". Nur einer handelt patriotisch korrekt. George W. Bush schwört auf die Religion. Als erster US-Präsident versah er seine Weihnachtskarte mit einem Bibelvers. In diesem Jahr aus dem Buch Nehemia. "Du allein Herr bist der Einzige."Die britischen Royals mögen es da etwas profaner. Prinz Charles schrieb 1980 an Lady Diana: "In Liebe von Deinem Stepptanz-Partner Charles." Die Liebe sollte später etwas erkalten. Aber auch da spendet die Grußkarte Trost. Lady Helen Taylor notierte: Die Weihnachtsgrüße dienten dazu "auf nette Art und Weise Zwistigkeiten beizulegen, Freundschaften zu erneuern und die nachbarschaftlichen Bande zu stärken". (ptr.)------------------------------Foto (5) :Trügerisches Idyll: Etwas verloren wirken Hase und roter Kardinal im Schnee vor dem Weißen Haus. Kenner glauben gar, eine zarte Anspielung auf die Einsamkeit der Macht zu erkennen. Der Bewohner indes sucht höheren Beistand. Als erster US-Präsident versah George W. Bush seine Weihnachtspost mit einem Bibelvers.------------------------------Neues Amt, altes Programm: Die rote Aktentasche des Schatzkanzlers hat der neue britische Premier Gordon Brown längst zurückgelassen, sein Programm der Britishness indes bleibt. Im Vorjahr überraschte Brown die Briten mit dem Multi-Kulti-Motiv des bezaubernden Kinderbuchillustrators Axel Scheffler.------------------------------Ihr Kinderlein, kommet: Spaniens König Juan Carlos und seine Frau Sofia grüßen zu Weihnachten sommerlich entspannt im Kreis der Enkelkinder. Nur einmal gab's Probleme. Als die Enkel keine Zeit für den Fototermin fanden, wurden die Kinder flugs digital zum Königspaar hinzugesellt. Das Land war empört. In diesem Jahr trübt die Weihnachtsfreude höchstens die Trennung der Infantin Elena von ihrem Mann Jaime de Marichalar.------------------------------Uns ist ein Kind geboren: Papst Benedikt XVI. wählt selbstverständlich ein biblisches Motiv für seine Weihnachtsgrüße. Maria und das unschuldige Jesus-Kind, gemalt vom italienischen Renaissance-Maler Luca Longhi.------------------------------Der Himmel über Berlin - als kleine Regierungserklärung. Kanzlerin Angela Merkel stellt in ihrer Grußkarte ganz das Amt in den Vordergrund und nicht die Person. Dieses Verständnis hat eine spätantike Tradition und lebt im Webzeitalter in der Debatte um "Good Governance" - gutes Regieren - wieder auf. Nur Spötter mögen deshalb in der fehlenden Kanzlerin eine Anspielung auf Merkels geringe Präsenz in der Innenpolitik erkennen.