Genossenschaft verkauft Studentendorf Schlachtensee und pachtet es zurück / Sanierung soll fortgesetzt werden: Das Dorf gehört jetzt Schweizern

Neuigkeiten verbreiten sich im Dorf bekanntlich schneller als in der Stadt, und so hat die Nachricht auch im Studentendorf Schlachtensee die Runde gemacht: Ihr Dorf, früher Vorzeigesiedlung der Freien Universität, dann vom Abriss bedroht und 2003 an eine Genossenschaft aus früheren Studenten verkauft, bekommt einen neuen Besitzer. Die CoOpera Sammelstiftung PUK, eine Schweizer Pensionskasse, erwirbt das Grundstück. Der Kaufvertrag, dem das Abgeordnetenhaus aber noch zustimmen muss, soll bereits gestern unterzeichnet worden sein.Unter den Dorfbewohnern sorgt der Verkauf kaum für Irritationen - ganz im Gegenteil. "Das ist ein echter Gewinn für uns", sagt der Ägyptologie-Student Markus Gödicke. Nun sei der Bestand dauerhaft gesichert. Gödicke war dabei, als sich die neuen Eigentümer den Genossenschaftlern vorstellten. "Das klang vernünftig", sagt der 28-Jährige, der auch einer von drei Vorständen der studentischen Selbstverwaltung im Dorf ist. "Jetzt ist es sicher, dass das Studentendorf bestehen bleibt."Um diese Logik zu verstehen, reicht es, sich den Kaufpreis von zehn Millionen Euro vor Augen zu führen, auf dem das Land beharrte. Schon damals war klar, dass die 110 Genossenschaftler diese Summe nicht problemlos aufbringen können. Also verkaufte die Genossenschaft zwei kleine Abschnitte des Dorf-Areals, am Ende blieb ein Kaufpreis von unter fünf Millionen Euro. Die aber werden nun fällig."Dieser horrende Kaufpreis war immer unser Problem", sagt Andreas Barz, Vorstand der Genossenschaft Studentendorf Schlachtensee. Doch das war nicht das einzige: Mit dem Kauf hatte sich die Genossenschaft verpflichtet, die 28 Häuser zu sanieren. Gesamtkosten: weitere 20 Millionen Euro. Auf der Suche nach Partnern habe er in der Vergangenheit etliche Immobilienleute über das Gelände geführt, sagt Barz, "nun haben wir endlich einen gefunden, der fast so tickt wie wir". Das Studentendorf bleibe erhalten, die Sanierung der Häuser werde fortgesetzt. Und auch die Genossenschaft bleibt im Spiel: Sie pachtet das Gelände von den Schweizern zurück - vereinbart ist eine Laufzeit von 99 Jahren.Von seinem Bürofenster im sogenannten Rathaus des Dorfes hat Barz gute Sicht auf das denkmalgeschützte Ensemble: Er kann den Dorfplatz sehen, einige der terrassenförmig angeordneten Häuschen und Wege, die über das Gelände führen. Und er kann sehen, dass noch viel zu tun ist: Erst zwei von 28 Gebäuden sind saniert, bei einem weiteren wurde die Fassade gemacht. Das Geld bekam das Dorf von den Machern des Films "Der Vorleser" - einige Szenen mit Hauptdarsteller David Kross wurden in einem der Häuser gedreht.Trotz seiner Sanierungsbedürftigkeit ist das Dorf begehrt: 780 Studenten leben derzeit dort, allerdings kommen viele aus Austauschprogrammen und bleiben nur kurz. "Das ist manchmal ein Problem", sagt Erik Wegner, der sich in der studentischen Selbstverwaltung engagiert. Die hohe Fluktuation habe einen Abbau an Mitsprache unter den Bewohnern zur Folge. Und dennoch, sagt der 23-jährige Student, sei das Dorf ideal: "Es gibt alles, was man braucht. Man muss nur mal kurz zum Einkaufen um die Ecke."------------------------------Ein Geschenk der AmerikanerDie Anlage: Das Studentendorf Schlachtensee zwischen Spanischer Allee und Potsdamer Chaussee hat eine Größe von 5,3 Hektar. 28 Häuser sind terrassenförmig und im Stil eines amerikanischen Universitätscampus angeordnet.Die Anfänge: Der Grundstein für das Dorf wurde am 20. Oktober 1957 gelegt. Es war ein Geschenk der amerikanischen Regierung. 1977 wurde die Anlage erweitert.Die Studenten: Das Gelände bot Platz für 1 060 Studenten. Bis 1968 lebten Frauen und Männer in getrennten Häusern.Der Verkauf: Ende der 90er-Jahre wollte der Senat die Häuser abreißen. Nachdem Studenten die Anlage besetzten, stimmte das Land 2003 einem Verkauf zu. Um den Kauf zu finanzieren, trat die Studenten-Genossenschaft einen Teil des Grundstücks an Investoren ab.Die Sanierung: 2006 begann die Sanierung des ersten Hauses. Bis 2020 soll alles fertig sein.------------------------------Foto: Ruhe fern der Großstadt: Das Studentendorf Schlachtensee ist verkauft. Für die Bewohner ändert sich aber nichts.