Diabetes kann Risiko-Faktor für einen schwereren Covid-19-Verlauf sein
Viele Menschen wissen nichts von ihrer Zuckerkrankheit und nehmen darum keine Medikamente. Das kann zur Gefahr werden.

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Berlin-Die Zahl der Diabetespatienten in Deutschland liegt der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) zufolge bei etwa sieben Millionen und nimmt stetig zu. „Wir haben täglich etwa 1500 neue Fälle in Deutschland, vor allem Typ-2-Diabetes-Fälle“, sagte Sprecher Baptist Gallwitz der Deutschen Presse-Agentur. Bis 2040 sei mit zwölf Millionen Erkrankten zu rechnen. Deswegen kämpfe unter anderem die DDG für geeignete Präventionsmaßnahmen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichne Diabetes schon seit Jahren als Epidemie. Wie bei Covid-19 gebe es zwar Behandlungsmöglichkeiten – aber anders als bei der Viruserkrankung keine Heilungschancen.
Für ältere Patienten mit Diabetes Typ 2 und anderen gesundheitlichen Einschränkungen wie Herz-Kreislauf- und Gefäßerkrankungen, Bluthochdruck oder auch starkem Übergewicht ist Covid-19 mit Risiken verbunden. „Bei einer Covid-Infektion kommt es zu einer Entzündungsreaktion im ganzen Körper. Dadurch können noch zusätzliche Gefäßschäden entstehen. Auch das Risiko für Gefäßverschlüsse und Gerinnselbildung wird erhöht“, sagte Gallwitz, der als stellvertretender Ärztlicher Direktor am Uniklinikum Tübingen arbeitet.
Diabetiker seien aber nicht zwangsläufig Corona-Risikopatienten, hieß es von der DDG zum Weltdiabetestag am 14. November. „Man kann nicht alle Diabetes-Patienten über einen Kamm scheren. Vor allem bei jungen Menschen mit Typ-1-Diabetes, die mit ihrer Insulintherapie eine normnahe Einstellung erreichen und die noch keine Folgeerkrankungen haben, ist kein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf einer Corona-Infektion gegeben“, sagte Gallwitz.
Blutzuckerwerte überprüfen
Von den rund sieben Millionen Menschen mit Diabetes bundesweit wissen nach Angaben der Deutschen Diabetes-Hilfe mindestens zwei Millionen noch nicht von ihrer Erkrankung. Das kann bei einer Corona-Infektion zur Gefahr werden – ebenso wie ein nicht gut eingestellter Diabetes. „Wenn der Stoffwechsel nicht gut unter Kontrolle ist und die Blutzuckerwerte deutlich über der Norm liegen, ist das Immunsystem geschwächt“, erklärte der Diabetologe Gallwitz. Dies berge ein erhöhtes Risiko für zusätzliche bakterielle Infektionen wie beispielsweise einen Harnwegsinfekt oder eine Lungenentzündung.
Die DDG hat inzwischen Handlungsempfehlungen für die Behandlung von Covid-19-Patienten herausgegeben. Eine wichtige Botschaft: Ältere Patienten mit Covid-19 sollten auch auf Diabetes getestet werden. Außerdem sollten die Blutzuckerwerte engmaschig betrachtet werden, da diese sich zum Beispiel bei einer Kortison-Behandlung ändern könnten. Die Diabetes-Therapie müsse bei einer Covid-19-Behandlung oft angepasst werden, so Gallwitz. „Häufig muss man die Medikamente, die man sonst in Tablettenform nimmt, auf eine andere Therapieform umstellen.“
Typ-1-Diabetes ist vergleichsweise selten. Bei der Autoimmunerkrankung ist die Bauchspeicheldrüse nicht in der Lage, Insulin zu produzieren. Meist bricht die Krankheit im Kindes- oder Jugendalter aus.
Beim Diabetes Typ 2, der weitaus häufigeren Erkrankungsform, sinkt vor allem die Wirksamkeit von Insulin an den Körperzellen mit den Jahren ab. Viele Erkrankte produzierten auch immer weniger Insulin. Besonders häufig trifft die Krankheit Ältere und Menschen mit Übergewicht.
Informationen für Erkrankte Die Diabetes Selbsthilfe hat auf ihrer Webseite Kliniken, Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen für Betroffene aufgeführt.
Am Anfang der Corona-Pandemie habe es sehr viel Verunsicherung unter Diabetikern gegeben. „Viele Patienten haben ihre normalen Kontrolltermine bei Hausärzten, Diabetologen oder in den Diabetesambulanzen nicht wahrgenommen, aus Sorge, sich anzustecken“, sagte Gallwitz. Zum Teil seien Einrichtungen auch mit anderen Patienten überlastet gewesen. „Das hat dazu geführt, dass Patienten mit Diabetes ambulant nicht so gut versorgt waren wie sonst, das hat sich mittlerweile wieder gebessert. Ich hoffe, dass die ambulante Versorgung jetzt trotz steigender Fallzahlen aufrechterhalten werden kann. Hier können auch telemedizinische Angebote zusätzlich helfen.“