Wie gefährlich ist die Corona-Mutation Arcturus?

Führt die Untervariante von Omikron namens XBB 1.16 zu schweren Krankheitsverläufen? Erwartet uns eine weitere Infektionswelle? Was bis jetzt bekannt ist.

Eine grafische Darstellung des Coronavirus
Eine grafische Darstellung des CoronavirusMiS/imago

Arcturus ist der hellste Stern am Nordhimmel im Frühjahr, ein Computerspiel, eine norwegische Metal-Band – und eine Mutation des Coronavirus. Es handelt sich um eine Untervariante von Omikron. XBB 1.16 lautet die Laborbezeichnung. Arcturus ordnet sich damit in die Sublinie XBB 1 ein, die sich weltweit rasch ausgebreitet hat und in Deutschland wie auch anderswo dominiert.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) löst sie die bislang vorherrschenden Varianten BA.5 und BA.2 ab. Fälle von XBB 1.16  wurden unter anderem in den USA, Australien, Japan, Großbritannien, Österreich und Dänemark registriert. Das Robert-Koch-Institut hat für Deutschland ebenfalls das Virus nachgewiesen, ausgehend von Bayern und Baden-Württemberg. Bisher dominiert XBB 1.5.

Arcturus grassierte in Indien

Für Aufsehen hierzulande sorgten erstmals Berichte aus Indien, wo XBB 1.16 grassiert. Binnen zwei Wochen nahmen dort die Infektionen mit Corona um 281 Prozent zu. Die Sterbefälle erhöhten sich um 17 Prozent. Allerdings ist Indiens Gesundheitssystem rückständig und insbesondere während der Pandemie völlig überfordert gewesen. 

Die Zahlen gehen auf einen Post des Kinderarztes Vipin Vashita auf Twitter zurück. Der attestierte der Bevölkerung seines Landes zwar eine robuste Immunität, sollte Arcturus diese jedoch durchbrechen, meinte er, müsse sich die Welt ernsthafte Sorgen machen. Das RKI verwies im jüngsten Corona-Bericht ebenfalls auf den starken Anstieg der Infektionszahlen in Indien. Dagegen wurde laut der Behörde die Variante in Deutschland bislang seltener detektiert. Allerdings werden hierzulande selten positive Corona-Proben auf Subtypen analysiert.

Prof. Dr. Leif Erik Sander, Leiter Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie der Berliner Charité auf einer Bundespressekonferenz zur aktuellen Corona-Lage Stellung im August 2022
Prof. Dr. Leif Erik Sander, Leiter Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie der Berliner Charité auf einer Bundespressekonferenz zur aktuellen Corona-Lage Stellung im August 2022Jürgen Heinrich/imago

Muss man sich wegen Arcturus Sorgen machen?

Arcturus scheint sich in die bisherige Entwicklung des Coronavirus einzupassen. Möglicherweise umgeht diese Variante noch besser als ihre Vorgänger die Immunabwehr von geimpften und genesenen Menschen. Darauf deuten drei Mutationen am Spike-Protein hin. Die bisher gewonnen Daten zur Vorläufervariante XBB 1.5 lassen bei diesem Typus jedoch nicht auf eine erhöhte Krankheitslast schließen.

Inzwischen haben verschiedene Wissenschaftler vor überzogenen Befürchtungen gewarnt. Sie erwarten keine Zunahme schwerer Verläufe von Covid-19. Denn insbesondere Geimpfte, die anschließend leicht oder mäßig schwer an Corona erkrankten, gelten als gut geschützt, da sie über eine breit aufgestellte Immunität verfügen.

Wie entwickelt sich das Infektionsgeschen?

Ein denkbares Szenario ist, dass es zu einem Anstieg der Infektionszahlen kommt, zu einer jener Wellen, die bereits zum Ausklang der Pandemie zu beobachten waren. In Berlin steckten sich den Daten des Abwassermonitorings zufolge zuletzt im Februar wieder vermehrt Menschen mit Corona an. Die Kurve flacht seither ab, liegt jedoch deutlich über den Werten der Inzidenz.

Experten wie Leif Erik Sander von der Berliner Charité und der Bonner Virologe Hendrik Streeck gehen davon aus, dass derartige Wellen in Zukunft immer wieder auftreten werden. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Corona-Pandemie zurückkehrt. Denkbar ist ein erhöhtes Infektionsaufkommen unabhängig von Jahreszeiten, zum Beispiel auch im Sommer. Pharmazieprofessor Thorsten Lehr äußerte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur die Prognose, dass die augenblickliche Welle im April wieder abklingen werde.

Und was ist mit Grippe und Erkältung?

Auch bei akuten Atemwegserkrankungen könnte sich die Lage demnächst entspannen. Laut RKI bewegt sich die Tendenz in diese Richtung. Die aktuelle Grippewelle wird durch den Influenza-Typ B getrieben. Der Hausärzteverband Berlin-Brandenburg verzeichnet derzeit ein erhöhtes Aufkommen an erkrankten Patienten und Praxismitarbeitern, wobei die Welle nicht ungewöhnlich stark ausfällt, jedoch ungewöhnlich spät auftritt.