Schizophrenie: Warum Cannabis bei jungen Menschen das Risiko stark erhöht

Betroffene der Krankheit demonstrieren in Berlins Mitte, weil sie Vorurteile abbauen und aufklären wollen. Auch über eine Gefahr, die bald größer werden könnte.

Cannabis-Konsum erhöht bei jungen Menschen das Risiko einer Schizophrenie. (Symbolbild)
Cannabis-Konsum erhöht bei jungen Menschen das Risiko einer Schizophrenie. (Symbolbild)Fabian Sommer/dpa

Sie haben demonstriert, sich engagiert gegen die Stigmatisierung von Menschen, die an Schizophrenie leiden. Schätzungsweise zwischen einer halben und einer Million Patienten gibt es in Deutschland. Gut zwei Dutzend haben sich nun an diesem Mittwoch vor dem Brandenburger Tor versammelt: Betroffene, Angehörige, Experten wie Robert Bittner von der Uniklinik Frankfurt am Main.

Neben anderen hat der Oberarzt der dortigen Schwerpunktstation für schizophrene Psychosen über Vorurteile gesprochen. Zum Beispiel, dass Patienten besonders gewalttätig seien. „Im Gegenteil: Sie sind doppelt so häufig wie andere Opfer von Gewalt.“ Bittner hat von frühen Warnsignalen berichtet, die es zu erkennen gilt. „Denn je früher die Behandlung einsetzt, desto geringer die Gefahr von Rückfällen.“ Er hat von Risikofaktoren erzählt und einem Problem, das in Zukunft zunehmen könnte, wenn keine Vorsorge getroffen werde: Cannabis.

Derzeit wird die allgemeine Legalisierung des Rauschmittels diskutiert. „Es gibt sicher Gründe, die für eine Entkriminalisierung sprechen“, sagt Bittner. „In der Diskussion kommt aber zu kurz, dass Cannabis einer der wichtigsten Risikofaktoren für Schizophrenie ist.“ Bei regelmäßigem Konsum verdreifache sich dieses Risiko. „Wer sehr früh damit anfängt, mit zehn oder zwölf Jahren, was manche Menschen tun, verzehnfacht sein Risiko.“

Auch andere Drogen würden Gefahren für die psychische Gesundheit bergen, sagt der stellvertretende Klinikdirektor, Kokain zum Beispiel. „Das Besondere an Cannabis ist jedoch, dass es gerade in der Zeit der Entwicklung des Gehirns das Risiko erhöht.“ Zwischen dem 18. und 30. Lebensjahr erkranken die meisten Betroffenen an Schizophrenie. Bei einer möglichen Legalisierung, sagt Bittner, sei daher entscheidend: „Dass sie mit einer großen, gut finanzierten Aufklärungskampagne verbunden ist. Diese muss darauf abzielen, dass Cannabis nicht in die Hände von jungen, besonders vulnerablen Menschen fällt.“

Eine Frau fotografiert ein Plakat auf einer Demo in Berlin zum Welt-Schizophrenie-Tag.
Eine Frau fotografiert ein Plakat auf einer Demo in Berlin zum Welt-Schizophrenie-Tag.Gerd Engelsmann

Experte: Psychische Gesundheit auf den Lehrplan der Schulen

Insgesamt gehöre das Thema psychische Gesundheit in den Lehrplan der Schulen, fordert der Mediziner. Nicht nur über die Gefahren von Drogen gelte es die Heranwachsenden zu informieren, sondern unter anderem auch über mögliche Warnzeichen, dass die eigene seelische Balance gestört sein könnte, wie etwa bei einer schizophrenen Episode, wenn der Stoffwechsel im Gehirn nicht mehr richtig funktioniere. Wann es ratsam erscheine, sich professionelle Hilfe zu suchen.

„Schizophrenie ist gut behandelbar“, lautet eine Kernbotschaft des Experten. Auch das sei etwas, was die Öffentlichkeit wissen sollte. Auch darüber haben sie an diesem Mittwoch berichtet. „Es ist wichtig, dass sich die Betroffenen immer stärker engagieren“, sagt Bittner. Die Demonstration vor dem Brandenburger Tor macht dem Arzt deshalb Mut.