Impfpflicht: Was zum Schutz von Schwachen gedacht ist, droht ihnen zu schaden
Gut gemeint, schlecht durchdacht: Zwei Wochen vor ihrem Inkrafttreten offenbart sich die Schwäche des Projekts. Der Effekt könnte verheerend sein.

Berlin - Die einrichtungsbezogene Impfpflicht kommt in zwei Wochen. Zum Teil. Als Erster hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erklärt, die von ihm zuvor vehement geforderte rechtlich bindende Immunisierung gegen Corona für bestimmte Berufsgruppen sei in seinem Bundesland nicht umsetzbar. Auch andernorts offenbaren sich nun Probleme bei der Umsetzung. In Berlin zum Beispiel könnten jene Einrichtungen einen Aufschub erhalten, die in Personalnot geraten, würden sie ihre nicht geimpften Mitarbeiter nicht mehr beschäftigen. Kritiker sehen darin eine Art Amnestie für jene Betriebe, die sich nicht energisch und überzeugend genug für eine bessere Impfquote eingesetzt haben.
Schon jetzt melden insbesondere Einrichtungen der Altenpflege Engpässe in der Versorgung, weil sich Mitarbeiter mit der hochinfektiösen Omikron-Variante angesteckt haben und in Quarantäne geschickt werden müssen. In der ambulanten Pflege herrschte bereits vor der Pandemie eine Unterversorgung, die sich nun weiter verschärft. Ausgerechnet dort ist die Impfquote schlechter als im Durchschnitt des Gesundheitswesens. Gleichzeitig sinken die Inzidenzen, kündigt sich ein Frühjahr mit stark rückläufigen Infektionen an.
Die partielle Impfpflicht wird von ihren Befürwortern als erster Schritt zur allgemeinen Impfpflicht gegen Corona gesehen. Am 10. Dezember wurde sie deshalb im Bundestag beschlossen, aber vorher nicht gut genug durchdacht. Rund drei Monate haben offenbar nicht gereicht, um das Vorhaben zum Schutz besonders vulnerabler Gruppen - Kranke und Gebrechliche - vorzubereiten. Jetzt könnte sich seine Wirkung ins Gegenteil verkehren. Ein verheerender Effekt.