Molekularbiologe: „Hier gilt der gute alte Paracelsus“
Emmanuel Wyler vom Max-Delbrück-Centrum Berlin nimmt zu den Sorgen von vier Chemikern Stellung, die Fragen zu dem Impfstoff von BionTech aufgeworfen haben.

Der Molekularbiologe Emmanuel Wyler vom Max-Delbrück-Centrum Berlin hat zu einem Brief Stellung bezogen, den vier Chemieprofessoren an die Firma BionTech gerichtet haben. Der Brief liegt der Berliner Zeitung vor.
In dem Schreiben wollten die Professoren aus Tübingen, Leipzig, Bochum und Zürich unter anderem wissen, was es mit den „die für die Bildung der Lipid-Nanopartikel eingesetzten Komponenten ALC-0159 und ALC 0315“ auf sich habe, welche laut den Forschern „nicht direkt zur Anwendung am oder im menschlichen Körper zugelassen“ seien. Wyler sagte dazu der Berliner Zeitung: „Der Impfstoff ist ja zugelassen, und damit auch diese Komponenten.“ Wie die Autoren des Briefes auf diese Aussage kommen, sei nicht klar. Wyler: „Dass im Sicherheitsdatenblatt dieser Stoffe auf Augenreizungen hingewiesen wird, ist nicht überraschend; das ist ja auch beispielsweise bei Alum, dem Adjuvans für die Totimpfstoffe von Sinovac oder Valneva der Fall.“ Der Delbrück-Forscher weiter: „Hier gilt natürlich der gute alte Paracelsus: allein die Dosis macht, das etwas ein Gift ist, und die Dosis ist hier so klein, dass es kein Gift ist, sondern hilft. Wir sind hier im Bereich von weniger als einem Tausendstel Gramm, das ist von bloßem Auge kaum sichtbar.“ Da es immer wieder kritische Nachfragen zu diesem Thema gäbe, habe einer der Hersteller, die Firma Echolon, dazu eine Stellungnahme veröffentlicht.
Zu der Frage, dass es möglicherweise unterschiedliche Nebenwirkungen bei verschiedenen Chargennummern geben könnte, sagte Wyler: „Das ist eine interessante Aussage, aber ohne jegliche Quellenangabe eine unbelegte Behauptung.“ Eine von Wyler durchgeführte Suche mit den deutschen und englischen Begriffen habe „kaum was ergeben, außer etwa hier bei AstraZeneca, was aber nicht die RNA-Impfstoffe betrifft“.
Zu der von den vier Wissenschaftlern angesprochenen Graufärbung der Dispersion führt Wyler an, dass er zwar kein Experte in dem Gebiet sei. Im Internet auffindbare Beipackzettel zeigen aber, dass es öfter vorkomme, dass die Färbung zwischen weiß und grau changiere. Wyler führt die Beipackzettel zu einem Hepatitismedikament („Das Pulver ist weiß bis grauweiß“), einem Krebsmedikament („Alunbrig-Filmtabletten sind weiß bis grau-weiß“), einer Salbe gegen Schuppenflechte („Aussehen: Ihre Salbe ist weiß bis grauweiß“) und einem weiteren Krebsmedikament („Pulver: Weiß bis grauweiß“) an.
Schließlich schreiben die Chemiker: „Einige Nebenwirkungen treten schnell nach der Impfung auf und zwar deutlich schneller als man das erwarten würde, wenn dies mit der Bildung des Spike-Protein zusammenhinge. Hier käme eher eine toxische oder allergische Reaktion in Frage, was durch weiterführende Untersuchungen zu den Inhaltsstoffen eingegrenzt werden könnte.“ Wyler dazu: „Das zeigt ein totales Unverständnis der Biologie der Impfung – was an sich egal wäre, aber meiner Meinung nach nicht, wenn man sich öffentlich dazu äußert. Die Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Fieber usw. kommen von der Aktivierung des Immunsystems durch die RNA selber – diese Aktivierung ist notwendig, damit die Impfung wirkt. Und weil das bei den RNA-Impfstoffen selber macht, benötigen diese keine Adjuvanzien wie Aluminiumhydroxid oder die Saponine bei Novavax.“ Nachzulesen sei derlei bei Nature (hier).
Die Berliner Zeitung hat die Fragen der Professoren an die Firma Biontech und an das Paul Ehrlich Institut weitergeleitet. Bis zum Donnerstagnachmittag lagen noch keine Stellungnahmen vor. Wir werden die Berichterstattung fortsetzen.