Warum der Kleine Maivogel keine Lust auf Städte hat

Da helfen auch Blühwiesen nicht: Städtische Lebensräume bekommen den meisten Schmetterlingsarten nicht.

Sensibler Spezialist: Der Kleine Maivogel <em>(Euphydryas maturna)</em> ernährt sich allein von Eschen und benötigt feuchte, lichte Wälder als Lebensraum.
Sensibler Spezialist: Der Kleine Maivogel (Euphydryas maturna) ernährt sich allein von Eschen und benötigt feuchte, lichte Wälder als Lebensraum.imago

Halle/Jena/Leipzig-Der Kleine Maivogel ist ein wählerischer Typ. Der zu den Edelfaltern gehörende Schmetterling (Euphydryas maturna) meidet nämlich unsere Städte, mögen hier auch noch so viele und schöne und gut gemeinte Blütenoasen für Insekten angelegt werden. Wie jetzt die Forscher  vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) in der Fachzeitschrift „Global Change Biology“ zeigen, fühlt sich ein großer Teil der Schmetterling in urbanisierten Gegenden nicht wohl – und die geringste Affinität zum Stadtleben zeigt eben der Kleine Maivogel.

Generalisten sind Gewinner, Spezialisten Verlierer des Städtebaus

Die Wissenschaftler um den Biologen Corey Callaghan hatten für ihre Untersuchung über 900.000 Einträge zu 158 Schmetterlingsarten in Europa aus der Datenbank „Global Biodiversity Information Facility“ (GBIF) ausgewertet, einem Portal für Biodiversitätsdaten, in das auch ehrenamtliche Angaben einfließen. Die Daten zeigen demnach, dass fast 80 Prozent der untersuchten Schmetterlingsarten die Städte meiden. Nur 25 der 158 Arten kamen im städtischen Umfeld häufiger vor als in anderen Lebensräumen, vor allem der Gelbe C-Falter (Polygonia egea).

Robuster Generalist: Der&nbsp;Gelbe C-Falter&nbsp;<em>(Polygonia egea)</em> ernährt sich von vielen verschiedenen Pflanzen und ist in diversen Klimazonen verbreitet.
Robuster Generalist: Der Gelbe C-Falter (Polygonia egea) ernährt sich von vielen verschiedenen Pflanzen und ist in diversen Klimazonen verbreitet.imago
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„Überraschend war, dass wir so klare Muster über den gesamten europäischen Kontinent hinweg gefunden haben“, erklärte Callaghan. Nur Generalisten, die große Temperaturschwankungen tolerieren und sich von vielen verschiedenen Pflanzen ernähren, profitieren den Forschern zufolge voraussichtlich von menschlich geprägten Lebensräumen. Der Großteil der Arten hingegen dürfte von der starken Ausbreitung städtischen Raumes gefährdet sein. Weltweit werde bis 2050 ein Zuwachs der Siedlungen und Städte von zwei bis drei Millionen Quadratkilometern prognostiziert.

Auch Gartenbesitzer können helfen: Wählt heimische Pflanzen

Natürliche und naturnahe Lebensräume würden durch urbane Lebensräume mit völlig neuen Bedingungen ersetzt. Um den Verlust der Artenvielfalt durch Urbanisierung aufzuhalten, sehen es die Autoren als notwendig an, dass Stadt- und Regionalplaner künftig das Vorkommen von Nahrungsarten und Wirtspflanzen besonders von spezialisierten Schmetterlingen sicherstellen. „Jeder Gartenbesitzer kann aber auch selbst mithelfen, indem er heimische Pflanzen wählt“, meint Callaghan.

„Unsere Arbeit veranschaulicht die Kraft der Bürgerwissenschaft und Datenportalen wie GBIF“, erklärt Mitautor Henrique Pereira. „Die meisten der von uns verwendeten Schmetterlingsbeobachtungen wurden von Freiwilligen in ganz Europa zusammengetragen. Jeder kann dazu beitragen, das Wissen über die Auswirkungen unserer Lebensweise auf die biologische Vielfalt zu vergrößern.“ Ein sehr einfacher Weg sei es, Smartphone-Apps wie iNaturalist oder naturgucker zu nutzen. (mit dpa)