Gesundheitssenatorin kündigt Novellierung des Bestattungsgesetzes an: Abfallfirma verarbeitete Totgeburten zu Straßenbelag
Die Berliner Sonderabfall-Entsorgungsgesellschaft KEG soll von 1981 bis 1997 Tot- und Fehlgeburten zu Granulat verarbeitet haben. Anschließend wurde das Material in der Hausmüllverbrennungsanlage Ruhleben verbrannt. Das berichtete am Montag abend das ARD-Fernsehmagazin "Report". Seit 1981 wurden in Berlin mehr als 50 000 Fehl- und Totgeburten registriert.KEG-Geschäftsführer Stefan Drauschke rechtfertigte in "Report" die Granulierung von Föten. Durch die Verarbeitung des Klinikmülls zu ungiftigem Granulat werde die teure und umweltbelastende Entsorgung über die Sondermüllverbrennung umgangen. Nach dem Fernsehbericht wurden die Tot- und Fehlgeburten in den Berliner Krankenhäusern mit Körperteilen, Organabfällen, Blutbeuteln und Blutkonserven eingesammelt. Die Sonder-Abfälle wurden homogenisiert, sterilisiert, getrocknet und mittels eines Rührwerks zerkleinert. Das so gewonnene Granulat wurde dann in Ruhleben verbrannt. Die aus dieser Verbrennung hervorgehende Schlacke werde von der BSR nach eigenen Angaben als Material zur Deponieabdeckung und für den Straßenbau verkauft.Manfred Dietel, Dekan der Charité und Chef der Pathologie, zeigte sich am Montag abend überrascht: "Das ist mir völlig neu." Nach seiner Aussage wird der Sondermüll, wie Gewebe oder Organe, in einer "etwa 1,20 Meter großen, grauen Tonne entsorgt". Die Tonne könne von den Mitarbeitern auch nicht mehr geöffnet werden. "Ich bin davon ausgegangen, daß das Material verbrannt wird." Das Berliner Bestattungsgesetz von 1995 schreibt vor, daß totgeborene Kinder, die weniger als 1 000 Gramm wiegen, nach sittlichem Empfinden zu beseitigen sind, wenn die Eltern nicht die Bestattung übernehmen wollen. "Wenn Eltern ihr nicht lebensfähiges Kind beerdigen wollen, können sie es auf jeden Fall tun", sagte der Chef der Frauenklinik des Lichtenberger Oskar-Ziethen-Krankenhauses.Gesundheitssenatorin Beate Hübner (CDU) hat nach Aussage ihres Sprechers Christoph Abele von der Entsorgungspraxis der KEG nichts gewußt. Sie würde es auch "nicht als sittlich korrekt empfinden". Hübner kündigte Konsequenzen bis hin zur Novellierung des Bestattungsgesetzes an. Der Präsident der Ärztekammer, Ellis Huber, bedauerte dem Fernseh-Magazin zufolge, daß in Berlin die Mehrzahl der Tot- und Fehlgeburten nicht bestattet, sondern entsorgt werde. (mit AFP)